Tag 1:
Am Donnerstag bestieg ich meinen Latenightflug in Zürich um 22:45 und machte mich mit dem Airbus 310 auf den Weg nach China. Pünktlich nach 12 Stunden und 6 Sunden Zeitverschiebung landeten wir ein Tag später (Freitag) um 16:45 in Hongkong. Das Klima ist tropisch/schwül. Dort wurde ich von einer netten jungen Dame namens Yan auf deutsch “Pauline” und ihrem Fahrer abgeholt. Der durch den direkten Flug von mir herausgeholte Zeitvorsprung wurde gleich wieder verringert da wir noch auf die Ankunft von zwei mexikanische Zauberkollegen warten mussten. Nach der Landung von Sissy & Ja-Ramay, wurde unser Gepäck ungefähr fünfmal ein und wieder ausgeladen, bis alles in der Großraumlimo Platz gefunden hat. Auf dem Weg nach Shenzen passierten wir mehrere intensive Grenzkontrollen mit Fahrzeugcheck, Nummernkotrolle, Gepäckscheck, Gesichtskontrolle, Röntgen von Gepäck etc. Gegen 20:00 trafen wir dann endlich im Hotel in unmittelbarer Nähe vom Happy Valley ein, wo die Zimmer bezogen wurden. Nach einem kurzen Übersichtsspaziergang zum Park ging’s zum Abendessen und danach ins Hotel. Das Hotel im 70er Jahre Stil gehalten, war relativ sauber aber etwas muffig. Überall die typischen Vending Automaten mit Getränken. Eine Bar oder etwas ähnliches gibt es nicht, nur ein kleiner Restaurantbereich für das Frühstück. Erstaunlicherweise spricht hier niemand, nicht einmal an der Rezeption englisch, aber was soll’s. Auf einer grossen Tafel sind die Zimmerpreise festgehalten. Es gibt Normaltarife, Luxustarife, Sondertarife und sogar ein Tarif nach Stunden. Willkommen in China.
Tag 2:
Am morgen wurden wir um 09:00 in der Lobby empfangen und es wurden uns unsere persönlichen Dolmetscher und Betreuer zugeteilt. Was bin ich doch für ein Glückspilz. Auf mich hat eine bildhübsche 18 jährige junge Chinesin, mit dem Namen Sylvia gewartet. Ihr Hintergrund ist ein technisches Studium, und nebenbei englisch und verdient mit dieser Arbeit etwas dazu. Nach der Begrüssung ging es gleich in den Happy Valleyl Vergnügungspark (Aussentemperatur ca. 30 Grad) wo jeder sein Backstagepass mit Foto für den Eintritt erhalten hat. Jeder hat gleich eine Tasche mit einem Poloshirt von Happy Valley als Begrüssungsgeschenk erhalten. Anschliessend wurde jedem sein Bereich zugewiesen wo die ersten Proben und Gespräche für den Ablauf, Wünsche für Technik etc. stattgefunden haben. Im Park war es relativ ruhig und noch wenige Besucher zu dieser Zeit. Überall grosse Plakate (ca. 2 x 3 Meter) über das Magic Festival. zusätzlich riesige Plakate im ganzen Gelände mit Fotos der einzelnen Künstler. Überall (auch in den Hotels) Werbeflyer vom Event. Werbung wurde schon mal ordentlich gemacht. Direkt danach wurde jeder Künstler einzeln in die Buchhaltung begleitet wo ihm ein erstes Geld für die Verpflegung für die komplettes Dauer überreicht wurde. Es war also jedem freigestellt, wo und was er isst. Im Park gibt es zahlreiche Restaurants von bekannten Ketten wie KFC, Starbucks, Pizzahut etc.
Es ist geplant, dass jeder täglich 3 Shows (mit einer halben Stunde Dauer) spielt. Zusätzlich soll es einen “Wettbewerb” in einem Theater geben, an dem alle Künstler teilnehmen. Auftrittsdauer für diese Show zwischen 6 und 8 Minuten. Ich nehme an, dass es sich um so etwas wie eine Künstlergala handelt. Am Nachmittag ging es in das parkeigene Theater zur Wettbewerbsprobe und Lichteinstellungen. Wow! Was für ein Ding. Es handelt sich um ein riesen Theater mit einer halbrunden Bühne. Platz für geschätzte 1.000 Besucher, vielleicht etwas mehr. Die Drehbühne und die Technik ein absoluter Traum! Es gibt praktisch nichts was unmöglich ist. Im Flyer sehe ich, dass es eine riesige illusionsshow geben wird (Erix Logan (Italien). Da der komplette Flyer in Mandarin gehalten ist, tue ich mir beim lesen etwas schwer, aber die Bilder sind zum Glück auf deutsch 😉
Ich finde hier unter anderem Tom Thomsen aus der Schweiz, der Strassenzauberei macht, Alexsander und Olena, Sissy & Ja-Ramay aus Mexiko, Valetto Giulliano, Bastrakov Mikhail, Roman mit seiner Fau inklusive drei Monate alzem Baby aus der Ukraine und zahlreiche Acts aus Honkong, Indonesien und China. Nach den Proben machte ich mit meinen neuen Freunden aus Mexico einen Spaziergang in den Park wo es unter anderem auch mehrere kleine Magicshops gibt. Angeboten werden hauptsächlich kleine Pakettricks, Trickspielkarten, erscheinende Schirme, schwebende Stöcke, Trickmünzen, sowie Zauberkästen in verschiedenen Grössen. Da das Hotel direkt in der Nähe vom Parkeingang ist, kann alles zu Fuss erreicht werden. Auch die typischen Einkaufszentren und Shopping Malls sind hier an jeder Ecke zu finden. Nach am frühen Abend gings ins Hotel und rechtzeitig ins Bett da jetzt der Jetlag so richtig beginnt. Morgen erwartet uns um 09:00 eine Probe für die Pressekonferenz am Nachmittag, wo von jedem ein kleines Interview sowie ein Zaubertrick erwartet wird.
Sonntag:
Immer noch Jetlag. Am morgen um 04:30 habe ich einen Telefonanruf von meinem mexikanischen Zauberkollegen Ja-Ramay auf meinem Hotelzimmer erhalten. Da auch er und seine Frau nicht schlafen konnten haben wir drei uns gegen halb Sechs zu einem Spaziergang mit anschliessendem westlichen Frühstück beim “Amerikaner unseres Vertrauens” getroffen. Was für ein Abenteuer! Ab 06:00 sind schon sehr viele Menschen in Shenzen unterwegs und machen auf den Radwegen, in den Parks und Grünzonen ihre Morgengymnastik und Fitnessübungen. Taji ist allgegenwärtig. Es sind auch erstaunlicherweise sehr viele Menschen mit Hunden unterwegs.
Noch vor dem Frühstück habe ich die ersten Menschen mit einer spontanen Streetmagic Einlage verzaubert. Offensichtlich kennt Zauberei keine Sprachbarrieren. Die meisten Menschen hier sprechen kantonesisch und einige wenige Mandarin. Obwohl sie kein Wort englisch verstehen, haben wir keine Sprachprobleme. Am Anfang waren sie etwas scheu und haben sich nicht so recht an uns heran getraut, aber nach dem ersten Trick hat die Neugier gesiegt und wir “Langnasen” waren mitten drin. Die Dankbarkeit dieser Menschen, die wir hier für einen kurzen Augenblick aus ihrem täglichen Trott holen konnten, ist für mich nicht zu beschreiben. Eine tolle Erfahrung die ich jedem Wünsche.
Nach dem Frühstück ging es in den Vergnügungspark Happy Valley wo wir uns zu einer Probe für die Pressekonferenz einzufinden hatten.
Viele fleissige Hände haben in der Nachtschicht ein kleines Festzelt, inklusive Showbühne und Special Effects für ca.150 bis 200 Personen (Medienvertreter, Künstler, Organisationsteam etc.) für die Pressekonferenz aufgebaut. Wenn hier was gemacht wird, wird es ordentlich gemacht. Das Zelt ist nicht nur eine billige Plastiküberdachung, sondern ein richtiges Festzelt mit Innenhimmel, Teppiche, alle Tische mit seidenen Tischtüchern versehen, alle Sessel mit Hussen bedeckt, Catering für die Teilnehmer und aufwendigem Blumenschmuck als Dekoration.
Am Nachmittag gab es einen wirklich professionellst organisierten Presse Empfang für die Medienvertreter. Die Öffentlichkeit wurde mit Absperrbänder und Securitys auf Distanz gehalten, war aber trotzdem sehr interessiert am Geschehen vor Ort, da einerseits dieser VIP Event direkt vor dem Parkeingang inszeniert wurde und andererseits die PR Maschinerie seit Tagen perfekt läuft. Die U-Bahnen sind mit Plakaten zugepflastert und auf riesigen Outdoor Tageslicht tauglichen LED Screens laufen über 24 Stunden extra für die Veranstaltung hergestellte Werbetrailer.
Nach der offiziellen Begrüßung vom Organisationsteam des 15. Magic Festival wurde über die Geschichte dieser Veranstaltung erzählt und professionell aufgearbeitete Medieninformationen mit einem hochwertigen Jubiläumskatalog überreicht. Darin sind die Plakate mit den Highlights der letzten Jahre abgebildet. Man hat hier grosses Interesse an Illusionisten und internationalen Acts. Eine Liste der bereits aufgetretenen Künstler liest sich wie das “Who is Who” in Magic. Es waren schon Jonny Lonn (Schweden), Victor Voitko (Ukraine), Pierre Brahma (Frankreich), Gallup (USA), The Pendragons (USA), Jorgos (Griechenland), Tommy Wonder (Niederlande), Tina Lennert (USA), Aldo Colombini (Italien) Julius Frack (Deutschland), Jeff MacBride (USA), Peter Marvey (Schweiz) Topas (Deutschland) und natürlich unzählige Acts aus den asiatischen Ländern wie Hongkong, Malaysia, Indonesien und natürlich China bei diesem Festival als Künstler engagiert. Nach diesem Rückblick zeigte jeder der neunzehn Künstler ein kurzes Kunststück für die anwesenden Reporter und Fernsehteams.
Den Nachmittag hatten wir mehr oder weniger zur freien Verfügung und ich habe mich mit Michael Wong aus Jakarta und mit Tom Thomson aus der Schweiz im Entertainmentpark mal umgesehen. Neben den im letzten Bericht bereits erwähnten Magicshops (3 Stück) gibt es Shops mit Holz Puzzles und Knobelspiele, zahlreiche Souvenierläden und einige zum jeweiligen Thema (Wild West, Mayas etc. ) des Parkbereichs dazu passenden Shops. Es gibt wirklich total durchgeknallte “Rides”, Attraktionen und Wasserfahrten. Bei diesen Wasserfahrten bleibt garantiert keiner trocken. Und damit meine ich nicht dass die Parkbesucher nur ein paar kleine Wasserspritzer abbekommen. Weit gefehlt – nach so einer spektakulären Fahrt, gibt es garantiert keinen trockenen Fleck mehr am ganzen Leib und die Parkbesucher schauen aus als ob sie mit ihrer Kleidung in den Pool gefallen wären. Parkbesucher spritzen mit riesigen fest installierten Wasserkanonen (mit hohem Druck) auf die Gäste die sich in diesen Fahrgeschäften befinden. Diese sind wiederum so gesteuert, dass hundertprozentig keiner trocken bleibt! Zum Glück herrschen hier tropische Bedingungen vor, und nach ca. 1 Stunden sind auch wir wieder mehr oder weniger trocken.
Die Stadt wirkt absolut sauber und aufgeräumt. Alles wird hübsch gemacht und auf die “Golden Week” vorbereitet. Vom 1. bis zum 7. Oktober haben 1,3 Milliarden Chinesen Urlaub und bewegen sich auf die üblichen Tourismus Highlights zu. In dieser Zeit ist es für einen Europäer nicht zu empfehlen hier Ferien zu verbringen. Am Abend laufen im Fernsehen TV Spots die darauf hinweisen wie man sich in der Öffentlichkeit zu Benehmen hat. Unter anderem wird auch darauf hingewiesen, dass Hunde eigentlich nicht zum Verzehr gedacht sind. Dies mag auch der Grund sein, warum wir so viele Menschen mit ihren Hunden (teilweise in lila, gelb, grün und orange eingefärbt) spazieren gehen. Einige wenige dieser Hundebabies werden am Abend auf der Strasse in Körbchen zum Verkauf angeboten.
Am Abend wurden wir höflich darauf hingewiesen, dass die für den nächsten Tag anberaumte Probe für die Bühnenshows abgesagt wurde, und wir uns in unserer Auftrittskleidung für eine weitere Wettbewerbsprobe im Theater einzufinden haben. Dieser geplante Wettbewerb findet an zwei Abenden statt wo jeweils zwei Gruppen an einer Vorentscheidung teilnehmen. Auf diese Weise werden drei zusätzliche Galas für die Zuschauer generiert.
Am Abend verteilten sich die Zauberkollegen auf diverse Restaurants. Ab 6:00 ist es hier schon richtig dunkel. Der Park und die ganze Stadt erstrahlen mit Millionen von bunten Lichtern in voller Pracht und erinnern an Las Vegas. Das schwüle Wetter und Temperaturen von weit über 35 Grad (auch am Abend) machen uns allen ein wenig zu schaffen. Nach dem Abendessen und einigen Abschluss Drinks sowie viel close Up Zauberei mit den Ukrainischen Zauberfreunden geht es dann nach dem checken der Emails ins Bett.
Dienstag:
Ab heute geht es richtig los. Urlaubsbeginn in China und gleichzeitig Start des Magic Festivals in Shenzhen.
Kwun Lee der Produzent und Director des 15. Magic Festivals hat hier ein wirklich tolles Ding auf die Beine gestellt. Er ist Agenturinhaber, hat schon zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erhalten. Er kennt Gott und die Welt und bringt alles nach China was Rang und Namen in der Zauberszene hat. Unter anderem ist in diesem Jahr zum Beispiel Erix Logan aus Italien mit seiner Großillusionsnummer mit dabei. Er organisiert nicht nur dieses Spektakel in Shenzhen, sondern auch noch andere Projekte und Festivals in ganz China.
Offiziell wohnen zwischen 10 und 12 Millionen Menschen in dieser Stadt. Inoffiziell sind es aber zwischen 15 und 20 Millionen. Zusätzlich kommen dann noch unzählige chinesische Touristen dazu die alle gleichzeitig frei haben. Laut Vorhersagen von unseren Freunden, wird der Happy Valley Park in den nächsten sieben Tagen überrannt werden.
Gestern habe ich versucht noch ein paar aktuelle Nachrichten über das Internet zu bekommen. Doch das aktuelle Bilder auf Facebook posten, aber über Facebook zu kommunizieren ist aber leider unmöglich. Über VPN würde es theoretisch gehen, aber sämtliche Seiten welche einen Software download anbieten sind von der Regierung gesperrt. An Twitter & Google ist in China nicht zu denken, da die Seiten ebenfalls blockiert sind. Neuigkeiten die unerwünscht sind, werden sowieso gefiltert. Obwohl es offiziell keine Berichterstattung gibt, wissen wir trotzdem von den Unruhen und Demonstrationen in Hongkong. Aber bei uns ist davon natürlich nichts zu spüren. An jeder Ecke findet man Securitys und Polizisten und man fühlt sich absolut sicher. Die Polizei ist in zwar mit Autos unterwegs, in unserer Gegend aber hauptsächlich mit kleinen Mopeds oder Fahrrädern die ein Blaulicht montiert haben.
Es war gut, dass wir einige Tage vorher anreisen mussten. Diese Zeit wurde einfach benötigt um sich richtig zu akklimatisieren. Wir haben hier eine relative Luftfeuchtigkeit von beinahe 100 % zudem ist es für uns Europäer schon ziemlich warm. Das heisst, man schwitzt den ganzen Tag. Alles greift sich feucht an. Spielkarten fühlen sich feucht an und lassen sich nicht so leicht wie gewohnt handeln. Wenn man mit Papier zaubert, spürt man wie es die Grundsteifigkeit verliert und weich bzw. “lappig” wird.
WLan im Hotel funktioniert nur die halbe Zeit. Gerne würde ich ein paar Gestern hatten wir ab 12:00 Mittags die Generalproben für den Wettbewerb im Theater und ab Mitte Nachmittag hatten wir frei.
Hier habe ich einige sensationelle und moderne Zaubernummern gesehen aber natürlich auch viel traditionelles aus den asiatischen Ländern. Es gab wenig “klassische” Zauberei und auch keine “Themen” wie wir sie von den Kongreßwettbewerben kennen. Es gab viele Manipulationen, auch Goldfisch Produktionen, eine Verwandlungsnummern von den Kollegen aus der Ukraine. Die “jungen” Zauberer ( super nett und cool) hauptsächlich aus China, Hongkong, Malaisen und den Philippinen etc., haben gezeigt was sie können und es war eine Freude Ihnen zuzusehen.
Da wir in China sind, waren natürlich Manipulationen zu erwarten, aber das Niveau hier hat schon was. Bronco Pang (26) aus Hongkong (eigentlich Entfesselungskünstler) hat eine tolle Nummer mit Tauben gezeigt. Ein sehr sympathischer Künstler und auch ein toller Close Up Magier.
Michael Wong (27) aus Indonesien zeigte eine wirklich moderne Nummer mit Technosound. Er machte erscheinende und verschwindende Stöcke, Kartenmanipulationen und verwandelte Streamer und Seidentücher, liess zwischendurch eine Taube erscheinen, produzierte Schirme und zwischendurch Spielkarten – und dies alles in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und natürlich zur Musik choreografiert. Eine junge Künstlerin aus Thailand zeigte eine asiatische Nummer in thailändischer Tracht mit traditionellem Kopfschmuck – anmutig einer Prinzessin gleich und wunderschön präsentiert. Schade, dass wir bei uns nicht mehr von diesen Acts sehen. Es gab noch einige andere Nummern aber da ich mich auf meine Darbietung vorbereiten musste, konnte ich nicht alles sehen.
Am Abend fragten mich die “jungen” ob ich Lust hätte mit ihnen chinesisch Essen zu gehen. So habe ich mich mit Bronco Pang, JC Yeo, Michael Wong, sowie noch zwei weiteren Zauberern aus China und den Philippinen einen tollen Abend verbracht. Mengya Liu (auf englisch “Elegance”, eine unserer Dolmetscherinnen hat permanent und fliessend von chinesisch auf deutsch übersetzt. So habe aus erster bzw. zweiter Hand erfahren in was für Restaurants die Einheimischen so gehen und wie die Essensgewohnheiten in diesem Land denn so sind. Trinkgläser gibt es keine, nur Plastikbecher. Essstäbchen sind obligat. Es wird tatsächlich geschmatzt, geschlürft und geschnuddert was das Zeug hält. An unserem Nebentisch wurden plötzlich Sonnenblumenkerne als Knabberzeug auf den Tisch gekippt. Die Schalen wurden ohne Rücksicht in eine kleine Schüssel gespuckt, die jedoch meistens verfehlt wurde. Es gilt jedoch als absolut unanständig, wenn man sich am Tisch die Nase putzt… Andere Länder, andere Sitten.
Jetzt ist sechs Uhr morgens. Gleich werde ich anfangen meine Show für den ersten Auftritt zusammen zu packen. Ich bin schon ganz gespannt. Vorher gehts noch zum “Amerikaner” wo sie einen ordentlichen Kaffee servieren. Um 09:30 habe ich dann meine erste Outdoorshow. Mal schauen ob die Einspielung der Technik funktioniert. Ein Funkmikrofon wurde mir zwar zugesagt. Ob es dann aber tatsächlich da ist, weiss man nicht.
Nach mir ist Michael Wong und Tom Thomson (aus der Schweiz) auf der selben Bühne im Einsatz. Da Michael Wong nur seine Bühnensachen dabei hatte, habe ich für ihn seine Streetmagic und Close Up Zauberei übernommen für die er ursprünglich vorgesehen war. Improvisieren ist auch hier angesagt. Wenn man eine grundsätzlich etwas flexibel ist, wird das Leben schon ein wenig leichter.
Der erste und zweite Arbeitstag ist vorbei. Jeder machte drei Shows am Tag und anschliessend hatten wir frei. Am ersten Tag herrschte ein wenig Chaos unter den Kollegen, da kurzfristig Dinge und Auftrittsorte geändert wurden. Ich wurde zum Bespiel 5 Minuten vor meinem Auftritt gebeten, verschiedene Dinge aus meinem Programm zu nehmen, da sie ein anderer Zauberkünstler ebenfalls im Programm hat. Kein Problem “Geldschein in Zitrone” wurde also gekippt. Ach ja, und “Banknight” sollte auch noch raus. Ach ja, und das Programm sollte trotzdem gleich lang sein, da die Dauer der Show vorher schon besprochen wurde … Diese kurzfristigen Änderungen betreffen natürlich nicht nur mich sondern auch die anderen Zauberkollegen. Ich musste also kurzfristig ein paar andere Dinge reinnehmen, der Übersetzerin erklären was sich ändert und sie bitten dem Techniker entsprechende Anweisung zu geben. Zum Glück setze ich mich schon länger mit der chinesischen Mentalität und der chinesischen Kultur auseinander und weiss wie man diese Dinge regeln kann ohne jemanden zu verärgern…
In Europa sind solche kurzfristigen Änderungen kein Problem doch in China laufen die Uhren anders. Jeder der Künstler hat einen persönlichen Übersetzer zugeteilt bekommen, der alleine für ihn verantwortlich ist. Entstandene Probleme mit jemand anders zu lösen ist undenkbar, da diese Person (der Dolmetscher) sein Gesicht verlieren würde. Unsere Übersetzer haben wiederum eine Person die für sie verantwortlich ist. Und dieses Spiel geht bis ganz nach oben weiter.
Einer unserer Zauberkollegen ist zum Beispiel überhaupt nicht glücklich mit seiner Dolmetscherin. Da diese Kommunikationsprobleme nicht sprachlicher sondern zwischenmenschlicher Natur sind, habe ich als Lösung vorgeschlagen dass die Künstler doch einfach die Übersetzer untereinander austauschen sollen. Es ist Undenkbar eine eine solche Änderung in China durchzuführen. So ein Problem welches in Europa effizient gelöst würde, löst hier in China beinahe eine Staatskrise aus. Der Übersetzer würde das Gesicht verlieren, weil er keine zufriedenstellende Arbeit abliefert, der Manager verliert das Gesicht weil er das Problem nicht auf seiner Hierarchie Ebene lösen konnte, der Vergnügungspark bzw. der Chef der Marketingabteilung würde das Gesicht verlieren weil er den falschen Dolmetscher eingesetzt hat und der Zauberkünstler verliert das Gesicht sowieso weil in diesem Land nicht offen und vor allem laut kritisiert wird, sondern alles durch die Blume gesagt wird. Hier muss man wirklich auf die feinen Töne hören. Einem schlechten Moderator würde man dies zum Beispiel nie öffentlich und direkt sagen. Man würde ihm eher höflich mitteilen, dass er in anderen Fachgebieten sicherlich auch seine Stärken hat… Wir Europäer sind gut beraten immer freundlich zu lächeln und höflich zu nicken. Wer die Fassung verliert, verliert in China nicht nur sein Gesicht sondern auch den Respekt von seinem Gegenüber. Wir lernen hier Geduld und die Dinge hinzunehmen die wir nicht ändern können.
Nach meinem ersten Bühnenauftritt habe ich meine Showzeiten an Michael Wong abgegeben und dafür zwei seiner Spielzeiten (Close UP und Streetmagic) übernommen. Michael Wong hatte nur Bühnensachen dabei, und bei mir waren Close Up Street magic Requisiten sowieso mit im Gepäck. Für uns Künstler also kein Problem uns gegenseitig zu helfen. Aber einfach wechseln geht nicht. Fragen ob ein Wechsel möglich ist geht auch nicht, da wir dadurch direkt die Arbeit des Managers kritisieren würden. Also mussten wir dieses Ding so drehen, dass der Manager vom Entertainmentpark die Möglichkeit bekommt selber darauf zu kommen und uns von seiner Seite einen Bühnenwechsel vorschlagen kann. Bei unserm Trip nach China bekommen wir eine Einleitung in die Kunst der Strategie praktisch umsonst mitgeliefert. Was für eine interessante Erfahrung.
Eddy Au ist seit vielen Jahren in Hongkong als Agent und Hersteller/Produzent von Zauberrequisiten tätig. Unter anderem produziert er Magicsets und DVD’s für viele internationale Zauberkünstler. Er kam gestern Abend extra von Hongkong nach Shenzen um seine langjährigen Zauberfreunde Sissy & Ja-Ramay aus Mexico zu besuchen. Am Abend hat er und seine charmante Frau, uns in ein Toprestaurant zum Essen eingeladen. Dazu muss man sagen, dass es für einen Europäer eine große Ehre bedeutet, wenn er von einem Chinesen zum Essen eingeladen wird. Seine Frau hat für alle die typischen chinesische Spezialitäten bestellt. Wir mussten natürlich alles probieren. Ich möchte jetzt nicht näher auf die Produkte eingehen, aber sie hatten alle Farben des Regenbogens und streiften alle Gebiete der chinesischen Kochkunst, (Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Algen, Geflügel uvm.) dazu waren sämtliche Geschmacksrichtungen von Süss, Sauer über Bitter bis Höllisch Scharf enthalten. Als wir gesehen haben, was da alles aufgetischt wurde, war uns klar wie wichtig Eddy und seiner Frau dieser Abend war. Wir drei Nichtchinesen haben uns wacker gehalten und das Essen auf unseren Tellern einfach mit reichlich grünem, ungesüssten Tee und Bier tapfer runtergespült. Eddy hat mir erzählt, dass er jedes Jahr in Deutschland ist, und sich immer freut wenn er Zauberer trifft. Das nächste Treffen haben wir bereits für Nürnberg vereinbart.
Heute war es noch heisser und noch feuchter. 4 Hemden in kurzer Zeit verbraucht und dreimal geduscht. Dafür drei Shows gemacht. Zusätzlich ein Interview für die Presse durchgeführt und nach dem “Pflichtwettbewerb” als einziger Künstler sogar Aufzeichnungen für ein chinesische Broadcasting Team gemacht. Klasse, jetzt bekomme ich sogar mein eigenes “Special” im chinesischen TV. Der Entertainmentpark ist super voll und die Besucher sind irre gut drauf. Foto Sessions nach den Auftritten sind praktisch Pflicht und die Besucher freuen sich unheimlich wenn wir uns mit ihnen fotografieren lassen. Beim Wettbewerb habe ich eine schöne Verwandlungsnummer von den ukrainischen Kollegen gesehen und Roman aus der Ukraine hat ein sensationelles Ringspiel gezeigt, wo die Ringe schweben und sich in Zeitlupe miteinander verketten. Ich muss sagen, für mich die schönste Ringspiel Routine die ich jemals gesehen habe. Jetzt wird es langsam Abend und gegen 18:00 ist hier richtig dunkel. Wir werden noch etwas Essen gehen und wieder früh ins Hotel, da das Klima doch ganz schön schlaucht.
Der nächste Tag:
Sieben Uhr und bereits 30 Grad Aussentemperatur. Wir machen uns täglich gute Laune mit einem Frühstück bei unserem amerikanischen Freund MD. Wir erfreuen uns täglich an einem sensationellen Cappuccino mit chinesischen Schriftzeichen aus Kakao. Das Personal ist immer begeistert wenn wir kommen, da es dann immer rund geht. Zudem ist es für sie nicht schwer uns wieder zu zu erkennen, da wir doch etwas anders aussehen als der Durchschnittsbesucher in diesem Lokal. Ich bin mit meinen 181 cm sicher nicht der allerkleinste, aber wenn Tom Thomsen mit seinen 190 cm mit dabei ist gehören wir zu den Riesen. Da fragt man uns dann schon mal höflich, ob ein Foto gemacht werden darf.
Auf dem Weg zurück ins Hotel zur Vorbereitung für den Tag, sehen wir einen Buddhisten der auf dem Gehsteig einen kleinen Altar aufgebaut hat und zu Meditationsmusik ein Mantra auf den Boden malt. Für uns gehts jedoch weiter zur Arbeit. Wir müssen auf dem Weg zu unseren Zauberauftritten durch den bewachten Personaleingang. Am Anfang wurde vom Security noch Gesichtskontrolle gemacht, und das Foto vom Ausweis verglichen. Erst dann wurde die Tür mit biometrischem Schloss durch einen Fingerabdruck Scan freigegeben. Mittlerweile kennt man uns und die Türe wird schon von weitem geöffnet.
Unsere Bühnen im In- und Outdoor Bereich schauen optisch für die Zuschauer alle Spitzenmässig aus. There is no business like showbusiness. Hinter den Kulissen sind wir eher spartanisch unterwegs. Unsere Künstlergarderobe (5 x 3 Meter) ist ein Bretterverschlag mit einem Vorhängeschloss wie an einem Hasenstall. Aber kein Problem, da wir uns dort sowieso nicht aufhalten und diesen edlen Raum eigentlich nur als Requisitenlager verwenden.
Heute hatte die zweite Hälfte der anwesenden Magier ihren Pflichtwettbewerb zu absolvieren. Der Hauszauberer vom Happy Valley Entertainmentpark hat es so richtig krachen lassen und einen echten Helikopter auf der Bühne erscheinen lassen. Das war mal eine Duftmarke für die Kollegen.
Zusätzlich zu den Shows auf den fixen Bühnen gibt es Streetmagic im Wartebereich der Park Attraktionen und Close Up Magic im Magic Castle Restaurant sowie jeden Tag am Nachmittag eine Zaubershow von einem in China bekannten Zauberkünstler Namens “Yan Jianrong” der eine wirklich tolle und vor allem traditionelle chinesische Darbietung mit Wasserschalen und Goldfischproduktionen präsentiert.
Meine erste Show im Outdoorbereich startet täglich um 10:30 direkt beim Haupteingang und ist ein richtiger Stopper für die Familien. Wir haben schon viele Fans die wissen wollen wann wir das nächste mal auftreten und uns überall hin folgen.Von der Parkorganisation bekommen wir kleine Giveaways die wir an unsere kleinen und grossen Helfer im Publikum verteilen können.
Halbzeit
Die Hälfte vom Festival haben wir geschafft. Heute waren für mich noch die üblichen drei Shows zu machen, die aber immer irgendwie abgeändert wurden, da auf Grund der hohen Luftfeuchtigkeit verschiedene Zauberkunststücke nicht spielbar sind. Benötigte Umschläge verkleben sich zum Beispiel von selber 🙁 oder die Mechanik meiner Kunststoff Version von “Find the Lady” will nicht so wie ich es will. Ein Zauberfreund aus Bayern würde sagen: “Des Wetter is scho a Hund”. Aber Augen zu und durch. Im ganzen Hotel hatten sie heute die Teppiche shampooniert. Jetzt müffeln sie nicht mehr stark wie bei der Ankunft, riechen aber dafür nach nasser Katze – Irgendwie auch nicht besser.
Am Abend waren wir (Tom Thomson aus der Schweiz, Michael Wong aus Jakarta und meine Wenigkeit) ein wenig in Downtown. Interessante Einblicke in das normale Großstadtleben von Shenten erhalten. Postpakete werden einfach auf die Strasse gekippt und dort sortiert… bei uns undenkbar.
Meine Frau hat mich vor der Abreise noch gewarnt, dass ich vor allem keine Witze über Land und Leute machen soll. Aber ich habe das Gefühl, dass mein europäischer Humor bei den Chinesen ganz gut ankommt. Ich habe zwischenzeitlich Angebote für Auftritte in Hongkong, Shanghai sowie zu einem Zauberkongress in Dong Guan erhalten. Cool. Am Abend wurden wir alle um viertel vor Neun zum offiziellen Dinner des Veranstalters eingeladen. Der oberste Parkboss, den ich leider noch nicht kennen lernen konnte, hat über seine Assistentin ausrichten lassen, dass er sich von mir eine kurze Comedy Zaubershow für diesen Anlass wünschen würde. Mit elektrischen Golfcarts für jeweils 12 Personen wurden wir vom vereinbarten Treffpunkt ins Restaurant in der “Taifun Bay” transportiert. Was für ein Spektakel. Roter Teppich für die Künstler, festlich gedeckte Tische, eine grosse Wand für Fotoshooting der Presse, und alles anwesend was grossen Namen in Kultur und Zauberei von Südchina dazu gehört. Nach einer offiziellen Ansprache vom Direktor von Happy Valley, gabs ein wildes Fotoshooting, jeder wollte Fotos mit jedem, die Angestellten wollten Fotos mit uns und es ging drunter und drüber. Wärend diesem wilden Treiben, war das Cateringpersonal sehr darauf bedacht, dass es absolut keine leeren Trinkgläser gibt und dementsprechend steigerte sich die Stimmung im Saal. Danach wurde das Buffet offiziell eröffnet. Was für ein Hammer. Um es auf deutsch zu sagen: Mir blieb die Spucke weg! Alle Köstlichkeiten der chinesischen und europäischen Küche wurden aufgetischt! vom tradtiionellen chinesischen Essen wie Reis und Nudeln mit Fleisch, Fisch, Geflügel oder Meeresfrüchten, über Obstplatten, kaltes und warmes Buffet (sogar mit Pommes und Wienerschnitzel, Garnelen Hummer und Krebse, Gemüse, Salate und vieles mehr.
Der Geschäftsführer ging wärend des Abends mit seiner Assistentin von Tisch zu Tisch um seine Gästen persönlich zu Begrüssen und mit seinen Gästen zu plaudern. Wärend des Essens gab es dann von einigen gebuchten Acts eine kurze Einlage für die hauptsächlich für die VIP’s gedacht waren. Sissy & Ya-Ramay zeigten zum Beispiel eine Entfesselung aus einer Zwangsjacke eine chinesische Künstlerin führte uns klassische chinesische Zauberei vor und Fairy aus Thailand begeisterte einmal mehr mit ihrem sympathischen und bezaubernden Wesen, ausser meiner Comedy Zauberei gab es noch eine absolut fantastische Manipulationsdarbietung mit Spielkarten von einer weiteren chinesischen Zauberkünstlerin und auch Erix Logan der auf deiner Worldtour Zwischenstopp in Shenzen macht, zeigte eine kurze Nummer. Nach den Darbietungen wurden uns Awards verliehen. Eine nette Geste.
Das Ende naht!
So jetzt haben wir es bald geschafft. Einen Tag noch zaubern und dann gehts wieder in die Heimat. Anbei noch ein Foto welches wir in einem Geschäft in Downtown gemacht haben. Der Grössenunterschied ist irre. Die beiden Damen arbeiten dort als Verkäuferinnen, schauen aus wie 14, sind aber 21. Sie haben unsere “Arbeitsausweise” gesehen und wollten Fotos mit den Zauberern haben (die ja in der ganzen Stadt auf Plakaten hängen und auf den riesigen LED Screens an den Fassaden laufen – und haben sogar ihre Arbeitsschürzen vom Geschäft ausgezogen damit sie sich auf dem Foto besser machen. Wir sind hier richtig berühmt 😉 der Chef von den beiden hat mir sogar noch ein Feuerzeug geschenkt… eigentlich wollte er mir eine Zigarette anbieten 🙂 aber nachdem ich icht rauche gabs dann spontan ein Geschenk aus der Wühlkiste. Sie sind schon sehr freundlich hier.
Heute war die Gala der Wettbewerbsgewinner. Unsere “jungen” chinesischen Zauberkollegen, Michael Wong aus Jakarta, JC Yeo aus China und Rocco Pang aus Hongkong haben mit ihren Nummern den zweiten, dritten und vierten Platz gemacht.
Jede einzelne dieser Nummern wäre absolut FISM geeignet. Der erste Platz ging aber an den Hauseigenen Zauberer vom Happy Valley Park mit seiner Großillusionsnummer (Helicopter erscheinen, etc.) Dies hat bei vielen Kollegen für einen leichten Missmut gesorgt, da sie eigentlich ausser Konkurenz hätte laufen müssen. Alle Künstler hatten Anweisung eine Nummer zwischen 5-6 Minuten zu machen, und dann tritt ein Kollege gegen Sie an der auf dieser Bühne dass ganze Jahr spielt und eine perfekt eingespielte Technik hat… Ich kann den Ärger schon verstehen, aber so spielt das Leben.
Ach ja, habe dann auch auch noch einen zweiten zusätzlichen Award bekommen. Weiss jetzt gar nicht was ich mit dem ganzen Zeug machen soll…
Das Finale
Jetzt haben wir es doch tatsächlich durchgezogen. Eine Woche zaubern in China. Gestern habe ich meine Show typisch österreichisch gestaltet und bin in Lederhosen aufgetreten. Das war vielleicht ein Knaller. Anschließend musste ich im ganzen Happy Valley Park Fotos mit den Besuchern machen. Die stehen total auf österreichische Folklore und natürlich auf „Langnasen“.
Heute sind noch drei Shows zu machen und dann haben wir es geschafft. Wir haben vereinbart, die letzte Show von Michael Wong auf unserer kleinen Außenbühne gemeinsam zu gestalten. Also werden neben Michael Wong auch noch JC Yeo, Bronco Pang, Li (Eden), Tom Thomson und meine Wenigkeit uns etwas Schräges für den Abschluss einfallen lassen.
Parallel dazu haben wir angefangen, unsere Siebensachen im Park einzusammeln und unseren Hasenstall (Garderobe) wieder auszuräumen. Noch ein paar Souvenirs für zu Hause organisiert sowie ein kleines „Dankeschön“ für meine Dolmetscherin, die einen Superjob gemacht hat, und ein kleines Präsent für die Dolmetscherin von Sissy und Ja-Ramay, die sich in ihrer Freizeit ebenfalls rührend um uns Zauberer gekümmert und mit uns Ausflüge nach Downtown gemacht hat.
Man merkt schon, dass die Ferien in China dem Ende zugehen. Der Park ist bereits wieder so ruhig wie bei unserer Ankunft. Keine Warteschlangen bei den Attraktionen und die Restaurants sind beinahe leer. Vielleicht schaffe ich es morgen in der parkeigenen Waterworld zu relaxen, da heute noch ein paar Dinge zu erledigen sind.
Heute steht am Abend noch etwas ganz Spezielles auf dem Programm: Unsere jungen Freunde haben Tom und mich eingeladen einen typisch asiatischen Abend mit ihnen zu verbringen. Ich bin schon ganz gespannt, was uns erwartet. Jetzt noch schnell in die Marketingabteilung und schauen ob ich ein paar Fotos von der Presseabteilung sowie ihre offizielle Medieninformation bekomme.
Mein freundlichstes Lächeln aufsetzen, höflich danach bitten und dann sollte es eigentlich kein Problem sein. Es dauert dann zwar beinahe eineinhalb Stunden, aber ich bekomme alles, was ich wollte! Das heißt ordentliche Infos und Bilder für eine professionelle Nachberichterstattung. Meine Requisiten sind nach einem Security Ceck beim Ausgang jetzt auch im Hotel angekommen. Noch schnell duschen und dann beginnt unser Abenteuer mit den jungen Kollegen.
Wir werden von zwei Taxis abgeholt und fahren direkt in die Stadt in ein Restaurant namens „HAIDILAO“. Dieses Restaurant hat angeblich weltweit den besten Gäste Service. Das Haus hat sieben Tage die Woche 24 Stunden geöffnet. Um die Gäste zufrieden zu stellen, wird hier gekocht. was der Gast wünscht. Wenn etwas nicht auf der Speisekarte steht, wird es innerhalb kürzester Zeit organisiert. Wenn es eine Warteschlange gibt (die durchaus mehrere Stunden dauern kann), werden die wartenden Gäste mit Massage, Maniküre oder Pediküre verwöhnt. Es gibt keinen Ruhetag und keinen Urlaub.
Im Innern erwartet uns ein riesengroßer Restaurantbereich und superfreundliches Personal. Doch wir werden nicht an einem freien Tisch platziert, sondern direkt in ein reserviertes, kleines intimes Zimmer geführt, von denen es offensichtlich unzählige hat. Darin befindet sich nur ein Tisch für ungefähr 12 Personen. Ein riesiger zweigeteilter Suppentopf, der von unten elektrisch geheizt wird, ist mitten in der Tischplatte eingelassen. Wir sitzen noch nicht richtig, schon stehen volle Getränkegläser vor uns, welche permanent nachgefüllt werden. Jeder Raum hat praktisch einen eigenen Kellner, dem unser Wohlergehen am Herzen liegt. Unser Moderator Sam übernimmt die Aufgabe, für uns alle zu bestellen. Die Speisekarte ist ungefähr so dick wie ein dünnes Telefonbuch. Dementsprechend schwierig scheint es zu sein, die richtigen Zutaten zu finden. Mal schauen, was jetzt auf uns zukommt.
In den Suppentöpfen sind zwei verschiedene traditionelle Suppen. Eine normale Brühe und eine weitere nach Shezuan Art, nämlich scharf. Jetzt werden Berge an Zutaten herbeigeschleppt und einfach in diese Brühe gekippt. Das ganze erinnert mich an Fondue, nur dass die Zutaten hier etwas gewöhnungsbedürftig sind. Tom, unser Kollege aus der Schweiz, ist jetzt schon der Meinung, dass er verhungern wird. Es werden neben Pilzen, Soja und Tofu auch Salatblätter und leckere Teigtaschen in der Suppe versenkt. Auf konkrete Nachfrage, was sich denn in den Teigtaschen befindet erklärt man uns, dass es kein Teig, sondern „Magen“ ist. Aha, wieder was gelernt.
Jetzt kommt noch in Scheiben geschnittene gekochte Blutwurst dazu, andere Innereien wie Leber und Niere sowie Speckschwarten und Schinkenscheiben und chinesische Nudeln. Praktisch alles, was bestellt wurde, landet im Topf und wird von den Gästen nach kurzer Garzeit herausgefischt und verspeist.
Tom konzentriert sich auf seine Brötchen und ich mache das Beste aus der Situation und fische das heraus, was ich meinem Magen zumuten kann. Schließlich ist diese Einladung eine große Ehre. Nicht von den angebotenen Speisen zu probieren käme einem Gesichtsverlust gleich. Während Tom die wenigen vorhandenen Brötchen vor dem Zugriff asiatischer Hände verteidigt, so gut er kann, wird der nächste Höhepunkt angekündigt.
Ramen – ein chinesischer Koch – mit Handschuhen und einem Stück Nudelteig bewaffnet, macht eine sensationelle artistische Einlagen und wirbelt den Nudelteig als riesengroße Endlosschlaufe durch die Luft, tanzt unten durch und so weiter und das alles auf engstem Raum. Eine tolle Showeinlage extra für uns organisiert! Die nächste Brötchenlieferung wird gleich von Tom requiriert. Doch dieses Mal sind nicht nur knusprig braune Brötchen, sondern auch schwabbelige weiße mit dabei. Diese weißen Brötchen werden nicht gebacken sondern gedämpft. Und schon wieder was gelernt.
Zwischenzeitlich wird am Tisch gezaubert und es gibt eine Impromptu Zaubereinlage mit den „neuen“ Flash –D-Lights. Wer keines mit dabei hat, improvisiert mit seinem Handy. Bei diesem Leuchtzauber kriegt der Song „Fang das Licht“ von Karel Gott eine ganz neue Bedeutung J. Nachdem sich Sam und unsere Wettbewerbspreisträger bereit erklärt haben, die Zeche zu übernehmen, schwächeln bereits die ersten Teilnehmer des chinesischen Abends und machen sich auf den Weg ins Hotel bzw. auf den Weg nach Hause.
Mir ist es vergönnt, mit dem harten Kern noch ein wenig um die Häuser zu ziehen. Angeblich soll ein weiterer Höhepunkt auf mich warten. Soso. Das Taxi bringt uns Männer zu einem wirklichen Palast. Der Name des Etablissements „Happy Place“. Aha. Die Eingangshalle ist ca. 40 x 40 Meter groß. Tapeziert mit roten Seidentapeten, schummriges Licht und die Bilder mit Kopien von den großen Meistern wie Van Gogh, Renoir, Rembrandt etc. Jetzt wird von meinen Kollegen auf das Wildeste an der Rezeption verhandelt. Eine „Krötenwanderung“ wird durchgeführt, soll heißen, ein paar Scheine wechseln den Besitzer. Dann werde ich in das Allerheiligste geführt. Direkt hinter der Rezeption gibt es einen typischen chinesischen Kiosk mit Getränken. Whiskey, Bourbon, Gin, Rum, Champagner, Weine aus aller Welt, unzählige Biersorten und natürlich Knabberzeug in Folienbeutel. Das Knabberzeug besteht aus Erdnüssen, Chips und frittierten Hühnerkrallen.
Nachdem sich die Jungs mit fester und flüssiger Nahrung eingedeckt haben, geht es weiter auf Entdeckungstour in diesem Palast der Sinne. Ein wahres Labyrinth. Unzählige Gänge und Quergänge mit weiteren Abzweigungen. In jedem Gang direkten Zugang zu den Zimmern. Hoffentlich finde ich hier jemals wieder raus. Wo befinden wir uns? Ihr habt es sicher schon vermutet. Hier erfüllen sich Männerträume: In der größten Karaoke Anlage der Stadt. Auf meiner persönlichen Werteskala immerhin eine gut gemeinte Eins. Zimmer (je nach Preis) in den unterschiedlichsten Größen, In jedem Raum (mit eigener Toilette) Lounge Möbel, Video Beamer, Tonanlage und Karaoke Computersystem mit wenigstens zwanzigtausend hinterlegten Karaoke Songs, Tanzfläche usw. Laut Fluchtplan in einem der Räume hat es weit über 120 Räume in den unterschiedlichsten Größen.
Erfreulicherweise ist jetzt auch Danica, eine der Organisatoren zu uns gestoßen, was diese Männerrunde doch ein wenig auflockert. Jetzt lassen wir es richtig krachen. Wenigstens so lange bis die nächsten Zauberkollegen Anzeichen von Schwäche zeigen und sich auf den Sitzgarnitouren zum Schlafen hingelegt haben. Doch Sam aus Malaysia, Bronco Pang aus Hongkong, JC aus Malaysia und ich haben bis zum Schluss durchgehalten. Zwischenzeitlich ist es kurz nach vier Uhr am Morgen und wir machen uns mit einem Taxi auf dem Weg in unser Hotel. Müde aber glücklich habe ich einen tollen letzten Veranstaltungstag erlebt.
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