„123“ das ist die Notrufnummer des Auto-,Motor-, und Radfahrerbundes Österreich, kurz ARBÖ. Was lag näher als das 123. Jubiläum der Gründung dieses denkwürdigen Vereins gebührend zu feiern. Hier eine Erzählung, wie alles begann.
Zu Beginn des 19.Jahrhunderts war das Fahrrad mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Vor allem die mittlerweile selbstbewusste Arbeiterschaft begann den Drahtesel, bisher nur ein Spielzeug der Reichen, für sich zu entdecken. Auch wenn ein Rad den Halbjahresverdienst eines hochqualifizierten Facharbeiters kostete, Radfahren war „in“ und schnell begannen sich die ersten Vereine zu bilden. Sie boten Fahrkurse an, aber auch Versicherungen bei einem Unfall oder Diebstahl und da gab es natürlich die Ausfahrten an den Wochenenden. Schon damals gab es Stützpunkte mit Reparaturmöglichkeiten, Werkzeug und Ersatzteilen, meist in Ausflugslokalen wie dem heute noch existierenden „Roten Hiasl“ in der Lobau. Diese Vereine leisteten aber auch politische Arbeit für die Mitglieder, und so entstand schnell die Idee, sich zusammen-zuschließen.
Am 30. April 1899 war es soweit. Im Gasthaus „Zur roten Brezn“ in Wien Ottakring wurde von Delegierten von Radverbänden aus Wien, Niederösterreich, Mähren und Schlesien der „Verband der Arbeiter-Radfahrervereine Österreichs“ gegründet. Sie vertraten zu dieser Zeit etwa 1300 Radfahrer. Allerdings war diese Gründung nicht gerade einfach gewesen. So ging der erste Gründungsversuch des Vereins schief, weil die Behörden „den Vereinszweck nicht erkannten“. Der erste Vorsitzende war ein gewisser Alois Zipfinger, der diese Position bis zum Jahr 1928 innehatte.
Die Radler hatten es zu dieser Zeit nicht einfach. Radrennen wurden vielerorts als gesundheitsgefährdendes und kräftevergeudendes „Relikt des Kapitalismus“ angesehen und auch die Tatsache, dass bei den Ausfahrten meist die Damenwelt mit von der Partie war, kam nicht überall gut an. Erst nach und nach etablierte sich das Fahrrad als Sport- und Fortbewegungsmittel und der „Verband der Arbeiter-Radfahrervereine Österreichs“ freute sich über regen Zulauf und einer stetig steigenden Mitgliederanzahl.
Fast drei Jahrzehnte nach seiner Gründung kam es zu einer großen Veränderung beim „Verband der Arbeiter-Radfahrervereine Österreichs“: 1926 wird der Name auf „Arbeiter-Radfahrerbund Österreichs“ geändert und erstmals wurden auch Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer als neue Mitglieder akzeptiert. Die Motorisierung hielt ab diesem Zeitpunkt Einzug in die Arbeiterschaft und damit auch Organisation.
Die Motorradsektion fand in ganz Österreich großen Zulauf, doch die wirtschaftlichen Probleme in den Zeiten der Rezession machten auch vor dem Verband -der immerhin die Gründung der ersten Republik unbeschadet überstanden hatte- nicht halt. Zwar wurde 1931 die Namensänderung in „Arbeiter-Rad-und Kraftfahrerbund Österreichs“ genehmigt und die Abkürzung „ARBÖ“ auf breiter Ebene bekannt aber die Zeichen der Zeit begannen ihre Schatten zu werfen. Der immer mächtiger werdende ARBÖ mit damals immerhin 17.000 Radfahrern und 4.800 Motorradfahren war den Regierenden ein Dorn im Auge. Nach dem Generalstreik 1934 wurde der ARBÖ als unliebsame politische Organisation eigestuft und kurzerhand aufgelöst.
Erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde der Verein 1946 wiederbelebt und durfte seine Tätigkeit wieder aufnehmen. Zum 50- Jährigen Bestehen 1949 zählte der ARBÖ bereits wieder 16.016 Mitglieder, davon 2.023 Kraftfahrer. In den Zeiten des Wirtschaftswunders wuchs auch die Motorisierung rasant und man begann darauf zu reagieren. So war bei einer Wertungsfahrt für Autos und Motorräder 1954 das erste Mal eine Beiwagenmaschine des ARBÖ mit von der Partie, beladen mit Werkzeug und Ersatzteilen- der erste Pannendienst war geboren.
1957 wurde von Karl Zehetmayer die sogenannte „Straßenwacht“ gegründet. Fünf gelb-blaue Motorräder mit Seitenwagen und ein Citroen 2CV waren an den Wochenenden auf den wichtigsten Ausfallstraßen und im Umland von Wien unterwegs. Meist aber wurde der Pannendienst von nebenberuflich tätigen Mitgliedern abgewickelt, die die defekten Fahrzeuge anfuhren und an Ort und Stelle oder in der nächsten verfügbaren Werkstatt zu reparieren versuchten. Ein richtiger Pannendienst, wie wir ihn heute kennen wurde dagegen erst 1967 ins Leben gerufen. Schon damals wurden die Pannenautos, meist Puch 500 oder VW Käfer liebevoll „Bernhadiner“ genannt. Der ARBÖ verzeichnete damals bereits einen Mitgliederstand von 50.000.
Zu dieser Zeit wurde auch der Namen wurde auf die bis heute gültige Form in „Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs“ geändert, auch das erste Prüfzentrum in der Schlechtastraße in Wien-Landstraße wurde eröffnet.
Heute zählt der ehemalige Radfahrerverband 400.000 Mitglieder, betreibt ein Netz von Prüf- und Beratungsstellen in ganz Österreich und ist auch mit historischen Pannenfahrzeugen immer wieder bei diversen Veranstaltungen zu sehen. Die Radfahrer, einst die Gründerväter in der „Roten Brezn“ in Wien Ottakring, sind ebenfalls immer noch ein wichtiger Teil…