Mit dem Avenger will man bei Jeep in ein für die Marke neues Segment vordringen. Der kleineste Jeep zielt nicht auf Gelände-Freaks, sondern auf Leute, die das äußere cool finden, aber eigentlich einen praktischen Begleiter für die City und kurze Überland-Touren suchen.
Und: man will auch europäisch werden, schon die Modelle Renegade und Compass wurden hier entworfen und werden auch hier gebaut. Und sie sind als Plug-in-Hybride erhältlich. Das kann der Avenger auch anders. Es gibt ihn auch elektrisch. Als das erste (auch) vollelektrische SUV der Marke ist er also auch für die zukünftige Entwicklung entscheidend. Im Stellantis Konzern basiert der Kleine auf derselben Plattform, die etwa auch dem Mokka e zugrunde liegt. Angetrieben wird er von einem vom Konzern neu entwickelten Elektromotor, der im französischen Werk Trémery, der einst größten Fertigungsstätte für Dieselmotoren, vom Band läuft. Nun steht dort das erste eigene E-Motoren-Werk von Stellantis, und das erste Resultat gibt nun seine Premiere im Jeep Avenger.
Die Architektur des Fahrzeugs selbst soll das höchstmögliche Maß an Kompaktheit erreichen, ohne die charakteristischen Merkmale der Marke Jeep zu beeinträchtigen. Das Auto ist mit 4,08 Meter Länge 16 Zentimeter kürzer als der Renegade, die kurzen vorderen und hinteren Überhänge und relativ große Räder (ab 16 Zoll, bei unserem Tester 18 Zoll) sollen die Proportionen noch verstärken. Zudem bietet der Avenger mit 200 Millimetern die größte Bodenfreiheit im Segment sowie hervorragende Böschungswinkel von 20 Grad vorn und 32 Grad hinten sowie einen Rampenwinkel von 20 Grad. Das soll nicht nur im unwegsamen Geläuf helfen, sondern kann auch durchaus im Gewirr der verwinkelten und oft mit steilen Auf- und Abfahrten versehenen Tiefgaragen im urbanen Bereich von Vorteil sein.
Zur Verringerung von Schäden bei Unfällen mit niedriger Geschwindigkeit, die in Europa etwa 70 Prozent der Schadensfälle ausmachen, ist der Jeep Avenger mit Unterfahrschutz, 360 Grad Verkleidung und geschützten, Scheinwerfern ausgestattet. All dies soll die Kosten bei kleineren Unfallschäden um geschätzt rund 1.000 Euro reduzieren. Insbesondere sind die Scheinwerfer umrahmt und hoch angeordnet, um sie bei einem Aufprall mit geringer Geschwindigkeit zu schützen. Die neuen SUV-Unterfahrschutzpaneele aus Polymer sind durchgefärbt statt lackiert, damit Kratzer kaum sichtbar sind. In einigen noch stärker beanspruchten Bereichen wie zum Beispiel den Türen reicht die Verkleidung sogar noch höher.
Das Design des folgt dem Ansatz einer modernisierten Interpretation des typischen Jeep Designs und damit dem des Renegate. So findet sich an der Vorderseite des Fahrzeuges der Siebenschlitz-Kühlergrill, der hier dezent gebogen wurde und auch die Scheinwerfer vor Beschädigungen schützen soll. Ausladenden Kotflügel und trapezförmige Radläufe vermitteln eine gewisse Robustheit. Am Heck schließlich findet sich ein weiteres klassisches Thema der Marke Jeep: Rückleuchten im X-Stil, die an einen Militär-Benzinkanister erinnern. Die schon vom Renegade und vom Wrangler bekannte “X”-Grafik der Heckleuchten wurde neu interpretiert soll auch als Wiedererkennungszeichen des Avenger dienen.
Ebenso klar wie die Außenhaut wurde der Innenraum gestaltet. Das Interieur des Avenger wurde hier bewusst von der Geschichte der Marke Jeep und besonders vom Wrangler inspiriert. Das bedeutet ein klar gestaltetes Armaturenbrett mit einem zentralen 10,25 Zoll Bildschirm, und einem als Ablage gestalteten Unterteil. Auf die Ablagemöglichkeiten ist man übrigens besonders stolz. Allerdings wurde viel harter Kunststoff verbaut, hier wurde wohl bewusst der Sparstift angesetzt. Dafür versprüht der in unserem Tester goldfarbene Armaturenträger ein gewisses Maß an Jeep-Authentizität.
Etwas besser kommen zumindest bei der Top-Version „Summit“ elektronisch verstellbare Teilledersitze mit „Jeep“ Schriftzug, mehrfarbiges Ambientelicht, und viele Kleinigkeiten positiv hinzu. Die Seitenleuchten des Fahrzeugs bleiben sichtbar, wenn die Heckklappe geöffnet wird – für mehr Schutz und Sicherheit. Der zentrale Tunnel ist flexibel und modular aufgebaut. Er bietet Raum unterhalb der Tasten für die Antriebssteuerung, wie zum Beispiel ein großes Staufach, in dem ein Mobiltelefon aufgeladen und gleichzeitig eine 1,5 Liter Wasserflasche untergebracht werden kann, und das durch eine klappbare Magnetabdeckung geschlossen werden kann. Stolz ist man auf ein Gesamtvolumen an Ablagen von 34 Litern. Viel Platz also für den alltäglichen Kleinkram und auch viel Platz zum Suchen danach.
Etwas beengt sind allerdings die Platzverhältnisse für die Passagiere. Sitzt man vorne noch recht bequem auf guter Bestuhlung mit Seitenhalt, geht es in der zweiten Reihe eher beengt zu, vor allem dann, wenn vorne größer gewachsene Zeitgenossen Platz genommen haben. Reichlich, wenn auch nicht üppig ist auch der Kofferraum. Sein Volumen gehört mit 380 Litern zu den größeren im Segment, es gibt eine niedrige Ladekante und auch eine elektrisch angetriebene Heckklappe mit berührungsfreier Bedienung.
Auf der Höhe der Zeit ist man bei der Konnektivität, die auch schon von den Konzern-Brüdern und Schwestern bekannte sind. Alle Versionen verfügen über ein hochmodernes Infotainment-System mit einem 10,25“ großen Display in Kombination mit einem volldigitalen 7“ Kombiinstrument.
Darüber hinaus bietet das System die Möglichkeit, das eigene Gerät über Android Auto und Car Play auf dem Uconnect Display zu spiegeln, Inhalte zu mischen und anzupassen, um eine eigene Benutzeroberfläche zu erstellen (bis zu zwölf Widgets pro Seite, bis zu sechs Seiten). Dazu gibt es eingebettete Navigation von TomTom mit verbesserter natürlicher Spracherkennung sowie Over-the-Air-Updates. Allerdings ist in der Praxis die Bedienung zuweilen etwas mühsam, für das ein- und Ausschalten der Sitzheizung muss man tief in diversen Menüs wühlen. Ähnliches auch bei der Mobile App, die Jeep anbietet, um gewisse Funktionen auch von der Ferne steuern zu können, oder einfach nur um zu wissen, dass das Auto nun vollständig geladen ist. Bis dies alles installiert ist, vergeht auch für Leute, die sich normalerweise gut in diesen Dingen zurechtfinden, viel Zeit und es funktioniert auch nicht immer zuverlässig.
Nun aber zur Antriebs-Technik: 115 kW/156 PS wuchtet der neue Elektromotor auf die Räder, womit sich der neue Jeep zumindest vorerst vor seine Stellantis-Brüder schiebt: DS 3 e-Tense, Peugeot e 2008 und Opel Mokka-e kommen alle nur auf 100 kW/136 PS, werden vermutlich aber über kurz oder lang ebenfalls den neuen und sparsameren Antrieb erhalten. Als Höchstgeschwindigkeit gibt Jeep 150 km/h an, die Beschleunigung soll bei 9,0 Sekunden liegen. Als Reichweite werden bis zu 392 Kilometer nach WLTP kolportiert, in der Stadt sollen es sogar deren 567 sein. Damit liegt man genau zwischen dem Hyundai Kona elektro mit kleiner Batterie (305 Kilometer) und dem mit großer Batterie (484 Kilometer), als ist durchaus konkurrenzfähig.
An der DC-Schnellladesäule lässt sich die des Jeep Avenger mit 100 kW Ladeleistung laut Hersteller in 24 Minuten von 20 auf 80 Prozent bringen, in drei Minuten werden so bis zu 30 Kilometer Reichweite nachgeladen. Das Vollladen an einer AC-Säule, für das 11 kW zur Verfügung stehen, soll fünfeinhalb Stunden dauern. Beim Verbrauch schafft der neue E-Motor allerdings keine beachtlich niedrigen Werte: 15,7 bis 16,5 kWh gibt Jeep auf 100 Kilometer an, identisch zum aktuellen Peugeot e-2008.
Der Avenger ist auch der erste Jeep mit Frontantrieb. Dafür kann er sich mit diversen elektronischen Fahrprogrammen dem Untergrund anpassen. Das „Selec Terrain-System“ bietet sechs Modi: “Normal” für alltägliche Fahrten, “Eco” zur Erhöhung der Reichweite, “Sport” für mehr Fahrspaß, “Snow” für maximale Traktion, “Mud” zur Optimierung der Leistung im Schlamm und zur Verbesserung der Bodenhaftung und “Sand” zur Begrenzung des Risikos, auf sandigem Boden stecken zu bleiben. Wir hatten bereits eine kurze, aber beeindruckende Möglichkeit, einen Avenger im Gelände zu fahren, es ist erstaunlich wie gut sich der Kleine hier schlägt.
Auch im täglichen Fahrbetrieb ist der kleine Jeep ein angenehmer Begleiter. Man steigt gut ein und aus, und sitzt auch vorne recht bequem in einem Gestühl, das auch guten Seitenhalt bietet, ohne allzu sehr einzuengen. Hat man sich einmal kurz orientiert, und die Tastenleiste, die anstatt eines herkömmlichen Schalthebels für das Sortieren der Gangwahl zuständig ist, ausgemacht, kann es schon vorwärts gehen. Dank E-Antrieb geht das recht behände, allerdings haben wir uns nach der der angegebenen Leistung etwas mehr erwartet und vielleicht nicht bedacht, dass es die 156 PS immerhin mit einem Gewicht von 1.536 Kilogramm samt Zuladung zu tun haben, zwei Tonnen sind hier schnell erreicht. Dabei ist das Fahrwerk recht komfortabel abgestimmt, auch die Lenkung reagiert genau und direkt. Gefallen kann auch der recht kleine Wendekreis von etwas über 10 Metern.
Die angegebene Reichweite von schon erwähnten 392 Kilometern konnten wir überland nicht erreichen, aber 320 waren schon drin, und das auch bei schnell gefahrenen Autobahn-Etappen dazwischen. In der Stadt sind etwa 400- bis 450 Kilometer möglich, das ist recht beachtlich.
Auf der Höhe der Zeit ist natürlich auch die Sicherheit. Alle Versionen bieten eine automatische Notbremsung mit Fußgänger- und Radfahrererkennung, die das Fahrzeug bis zum Stillstand abbremst, eine Müdigkeitswarnung, einen Spurhalteassistenten und je nach Ausstattungsversion einen Toter-Winkel-Assistenten, 360 Grad-Parksensoren mit aktivem Parkassistenten und eine 180 Grad-Rückfahrkamera mit Vogelperspektive.
Die Topversion Summit verfügt über autonomes Fahren Level 2 mit automatischer Steuerung von Geschwindigkeit, Abstand und Spurhaltung in der Kombination von adaptiver Cruise Control mit Spurhalte-Assistent. Auf diese Weise bleibt das Auto selbstständig in der Mitte der Fahrspur und in einem sicheren Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Das funktioniert recht gut, ebenso wie der Stauassistent, der auch bei sehr dichtem Verkehr für eine etwas entspanntere Fahrt sorgt. Fahrt sorgt.
Preislich liegt der Avenger mit 38.500 Euro für die schon gut ausgestattete „Longidude“ Version recht gut im Feld der Konkurrenz, oben endet die komplett ausgestattete „Summit“ Version bei 43.500, die Aufpreisliste ist erfreulich kurz.
Fazit:
Der kleine Jeep ist zwar kein hemdsärmeliger Geländegänger, aber hat genug Gene der Marke vererbt bekommen. Die werden mit einer Allrad- Version demnächst nachgereicht. Als angenehmer Begleiter in der City ist er dank des geringen Wendekreises sehr zu empfehlen, vor allem für Zeitgenossen, die eine etwas andere Optik wollen.
Übrigens: wer sich mit einem reinen E-Auto nicht anfreunden kann, aber sich trotzdem in den Avenger verliebt hat, für den gibt es den Kleinen auch mit MildHybrid und mit Verbrenner….
Der Wagen befindet sich in der Energieeffizienzklasse A+. Das bedeutet, dass das Auto durchschnittlich weniger als 37% CO2 ausstößt als ein vergleichbarer Wagen mit kg . Für die Berchnung ist nur das Gewicht des Wagens, nicht aber die Leistung (kW/PS) relevant. Dieser Wert sagt nichts über den Verbrauch (Liter/100km oder kwh/100km) des Wagens aus. Der Wert zeigt nur, dass der Wagen im Vergleich zu einem Wagen mit identischen Gewicht mehr oder weniger Treibstoff benötigt. |