Als Kia den EV 9 2021 als Concept Car vorstellte, glaubten die Wenigsten, dass das Auto auch tatsächlich so kommen würde, das Design mutete doch etwas zu futuristisch an. Doch die Zweifler wurden enttäuscht. Der EV 9 ist bis auf einige wenige Änderungen wie etwa den an der C-Säule angeschlagenen hinteren Türen Serienwirklichkeit geworden.
„Gib mir die Kante“ oder so ähnlich bezeichneten einige Kollegen den EV 9, doch es hat irgendwie etwas an sich. Zum Beispiel, dass das schnörkellose Äußere beim ersten Anblick das Auto noch wuchtiger wirken lässt, als es ohnehin schon ist. Knapp über fünf Meter Länge, fast zwei Meter Breite und 1,80 Meter Höhe – das wirkt schon fast bedrohlich für einen PKW, aber auch für die Gattung SUV, viel Größeres wird man zumindest auf Europas Straßen kaum finden.
Durch das kantige Design entstand auch wirklich viel Platz im Innenraum. Trotz des (optionalen) Schiebedachs unseres Testautos hatten auch große Passagiere kein Problem mit der Kopffreiheit und in jede Richtung auf allen Plätzen viel Raum um sich.
Auch in der zweiten Reihe findet man opulente Platz-Verhältnisse, und selbst die dritte Reihe ist nicht nur für Kleinkinder, sondern für Erwachsene optimal nutzbar und zudem auch einigermaßen problemlos zu entern. Bei voller Besatzung bleiben 308 bis 333 Liter Stauraum zur Verfügung, versenkt man die dritte Sitzreihe, mittels Knopfduck vom Passagierraum aus, steht ein Volumen von 828 Litern bereit. Maximal kann man zwischen 2.314 und 2393 Liter und zwei Passagiere befördern.
Bei den Materialen setzt der Koloss zu einem guten Teil auf nachhaltige bzw. wiederaufbereitete Materialien, die noch dazu sehr wertig und für die Ewigkeit gemacht wirken. Die beiden 12,3 Zoll-Bildschirme für Armaturen und Multimedia im Cockpit sind übersichtlich und logisch bedienbar, die Sprachsteuerung in Ordnung. Die Anzeige für die Klimasteuerung und dazugehörige zusätzliche Touchelemente befinden sich auch auf einem neuen 5,3“-Display, welches zwischen den beiden großen Screens positioniert ist.
Natürlich können auch Smartphones kabellos angebunden werden, dank „Vehicle-to-Load“ kann der Akku elektrische Geräte mit Strom (230 Volt) versorgen.
Kia bietet den EV 9 mit Hinterradantrieb und Allrad und in zwei Ausstattungsvarianten „Earth“ und „GT Line“ an. Für die „kleine“ Version gibt es einen E-Motor mit 149,5 kW/ 203 PS, der Allradler wird von zwei je 192 PS (141 KW) starken E-Motoren angetrieben, die Systemleistung liegt bei 384 PS (282 kW). Je E-Motor werden 350 Nm Drehmoment bereitgestellt. Beide Antriebsversionen verfügen über einen Akku mit knapp 100 kWh Kapazität. Unser Testwagen war ein „GT Line“ mit dem stärkeren Antrieb und Allrad.
Trotz der Leistung und des Gewichtes von immerhin über 2,6 Tonnen plus Zuladung lässt sich der EV 9 erstaunlich sparsam bewegen. So kamen wir in Stadt und Speckgürtel mit einem Verbrauch von 20 kWh problemlos durch, ein sensationelles Ergebnis für ein solches Schiff, das zudem nicht unbedingt mit überragenden cw Werten auftrumpfen kann. Auf der Autobahn bei 130 km/h steigt der Verbrauch dagegen in Bereiche von 27 kWh oder mehr, auf unserer Teststrecke mit Stadt-Überland und Autobahn über 350 Kilometern lagen wir bei etwas über 22kWh. Das bedeutet eine Reichweite von immerhin knapp 450 Kilometern, ein respektabler Wert. Das Fahrverhalten entspricht der Größe, der Kia ist komfortabel abgestimmt, wankt leicht mit der Karosserie in schnellen Kurven, besitzt aber dank schneller Regelsysteme eine gute Traktion, auch Lenkung und Bremsen arbeiten zufriedenstellend.
Die Assistenzsysteme arbeiten recht zuverlässig, aber wie bei vielen Konkurrenten wird man auf alle möglichen und unmöglichen Situationen und Fahrzustände informiert. Alles leuchtet, blinkt, piepst und trällert –und ist nicht auf den ersten Klick zu eliminieren.
Möchte man etwas Fahrspaß genießen, empfiehlt sich der Sport-Modus, der den großen Raumgleiter zu erstaunlichen Leistungen verhilft. Man sprintet in nur 5,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 km/h,
Ein Highlight ist auch die nahezu perfekte Geräuschdämmung zum Innenraum, selbst bei Autobahntempo dringen kaum Wind- oder Abrollgeräusche an das Ohr der Besatzung. Wer unbedingt will der kann sich von künstlichem Motorsound betören lassen.
Ausgezeichnet auch die Ladeleistung, die Ladedauer bei 11 kW auf 100% von etwas über neun Stunden ist ebenso in Ordnung wie die Schnellladung bei 240 kW Gleichstrom von knapp 25 Minuten auf 80%.
Preislich liegt der EV 9 mit einem Ab-Preis von € 69.090,- für die Basisausstattung mit Heckantrieb nicht so schlecht, das von uns getestete Spitzenmodell kommt auf € 85.590.
Fazit:
Der EV 9 ist ein echter Hingucker, er besticht durch ausgewogenes Fahrverhalten, eine gute Reichweite und einem enormen Platzangebot.
Der Wagen befindet sich in der Energieeffizienzklasse A+. Das bedeutet, dass das Auto durchschnittlich weniger als 37% CO2 ausstößt als ein vergleichbarer Wagen mit 2664kg . Für die Berchnung ist nur das Gewicht des Wagens, nicht aber die Leistung (kW/PS) relevant. Dieser Wert sagt nichts über den Verbrauch (Liter/100km oder kwh/100km) des Wagens aus. Der Wert zeigt nur, dass der Wagen im Vergleich zu einem Wagen mit identischen Gewicht mehr oder weniger Treibstoff benötigt. |