Wenn man den Marketingunterlagen Glauben schenkt, hat man mit dem Tesla erstmals ein Gefährt, das ein vollwertiger Ersatz für die Benzin-fressende Meute der „normalen“ PKWs sein könnte. Dass dies dann doch nicht ganz so war liegt allerdings nicht an Tesla …
Um den Tesla einem entsprechend realistischen Praxistest zu unterziehen haben wir uns folgendes Szenario ausgedacht. Zuerst eine entspannte Fahrt von Klosterneuburg in die, was könnte besser sein, Solarstadt Gleisdorf in der schönen Steiermark. Schlappe 200km. Anschließend ein kleines Interview mit den verantwortlichen Personen der Feistritzwerke-Steweag, dem regionalen Stromproduzenten. In der Zwischenzeit wird der Tesla an der, vorher organisierten, öffentlichen Stromtankstelle aufgeladen und dann geht’s frohen Mutes wieder der Heimat entgegen.
Das Gute zu Anfang: Wir sind wieder in Wien angekommen. Das weniger Gute: es war ganz schön knapp – und es lag nicht am Tesla. Aber jetzt erst mal der Reihe nach.
Wenn man sich auf unbekanntes Terrain begibt tut man gut daran sich entsprechend auf sein Vorhaben vorzubereiten. Da ich den Angaben in diversen Prospekten nicht bedingungslos glaube und „mein“ Tesla „nur“ noch 235km Reichweite auf der Uhr hatte, wollte ich ihn vor dem großen Ausritt zu Hause an eine normale Steckdose hängen.
Vor dem Start
Da mir der Tesla mit einer ganzen Reihe von Adaptern übergeben wurde, war die mechanische Verbindung zum häuslichen Stromnetz auch kein Problem – nur Strom wollte keiner fließen. Nach einigen Versuchen (Austausch des Verlängerungskabels, Verwendung einer alternativen Steckdose) mit weiterhin unbefriedigendem Resultat. Da hilft wohl nur ein Blick in die Gebrauchsanweisung – nur war leider keine an Bord. Stattdessen ein kleines Brevier mit Sicherheitsinfos und einer Liste von lokalen Service-Nummern. Also die österreichische Tesla-Hotline angerufen.
Und wirklich hat da prompt jemand abgehoben – das Call-Center dürfte sich, nach meiner persönlichen Meinung, irgendwo im Eck zwischen Holland und Deutschland befinden. Kaum hatte ich der Dame mein aktuelles Problem geschildert, war ich über ihren Wissensstand betreffs „meines“ Teslas einfach nur perplex. Sie wusste nicht nur welchen Wagen ich vor mir stehen hatte, auch dass der Akku noch halb voll war und dass ich offensichtlich mehrmals erfolglos versucht hatte zu laden, sondern sie wusste auch ganz genau, wo der Wagen in diesem Augenblick stand! Die Dame versicherte mir, dass dieses „feature“ nur bei Pressewagen aktiviert wäre (man müsste ja wissen, wo die eigenen Autos gerade unterwegs sind) und reguläre Kunden keine Angst vor dem Big Brother / Sister haben müssten. Na hoffentlich …
Geführt von der „Dame vom Amt“ haben wir dann noch einmal verschiedene Varianten durchgespielt und – man glaubt es kaum – den Tesla dazu überredet Strom aus meiner Steckdose anzunehmen – ich musste nur den Schuko-Stecker um 180 Grad drehen! Mir war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass die Lage der beiden Anschlüsse („Mandl“) in der Steckdose relevant für eine erfolgreiche Übertragung von Strom ist – aber man lernt ja nie aus.
Mein Tesla lud nun und ich war froher Hoffnung, am folgenden Morgen (nach geplanten acht Stunden Ladezeit) mit einem voll-getankten Wagen auf die Reise gehen zu können (ein bisschen Sicherheit hätt’ ich schon gerne gehabt). Ein Blick auf’s Display hat meine gute Stimmung dann doch wieder ein wenig gedrückt – mein Stromanschluss (abgesichert mit 13 Ampere) gibt nicht mehr „Saft“ als für 13km pro Stunde her. Na gut ist der Akku am Morgen halt nicht voll geladen aber die zu erwartenden 380km sollten auf alle Fälle bis Gleisdorf reichen – und dann kann ich mir ja vor Ort eine neue Ladung holen …
Die Reise
Neuer Tag – neues Glück. Heute machen wir uns auf zum Langstrecken-Test. Also ab ins Auto und auf den Weg nach Gleisdorf. Über die A2 und den Wechsel. So lange man sich im Ortsgebiet befindet wird durch den permanenten Start-Stopp-Verkehr immer wieder ein kleiner Teil der Energie in die Batterie zurückgespeist. Sobald man sich auf der Autobahn befindet geht’s dann mit dem Ladestand nur mehr kontinuierlich abwärts. Speziell wenn’s Hügelig wird (Wechsel) steigt der Verbrauch durchaus merklich an.
Bei einem kurzen Halt beirr der Raststation Aspang wird zumindest der Akku des Fahrers mit einem Kaffee aufgeladen, für den Tesla gibt’s allerdings nichts – keine Ladestation verfügbar. Macht aber nichts, man hat ja sowieso genug Power an Bord …
Aufladen unterwegs – das Dilemma
Nach knapp zwei Stunden Fahrt erreichen wir Gleisdorf und das Navi leitet uns zielsicher auf den Parkplatz der Feistritzwerke. Hier sieht man sogleich dass es die Solarstadt Gleisdorf wirklich ernst nimmt mit der Energiewende. Alle möglichen Gerätschaften zur solaren Stromgewinnung sind dort zu bewundern. Ich setzte mich mit der netten Dame von den Feistritzwerken, bei der ich die Ladestation reserviert hatte, in Verbindung und schon stehen wir, bewaffnet mit Chip-Karte und unter den Augen einiger interessierter Mitarbeiter vor der öffentlichen Ladestation.
Diese bietet vier verschiedene Stecker – in Kombination mit meinen drei Adaptern sollte dies wohl kein Problem darstellen. Da nur noch 80km auf der Uhr sind, braucht der Tesla also wirklich wieder Nahrung. Also den Typ 2 – Adapter an das Ladekabel gesteckt, rein in die Steckdose, ChipKarte vor’s Display gehalten und schon beginnt der Ladevorgang. Ich entspanne mich ein wenig. Das mit dem Laden muss ja nun mal funktionieren, soll ich doch am frühen Abend wieder in Wien sein und den Tesla beim Service Center in der Gutheil-Schoder-Gasse zurückgeben.
Leider wird der Ladevorgang nach gut einer Minute kommentarlos unterbrochen! Am Display der Ladestation ist aufgrund des starken Sonneneinfalls nichts zu erkennen, das Display des Tesla orakelt einen etwas ungenauen „Ladefehler“. Keine Panik! Anderer Adapter drauf, in andere Dose rein, ChipKarte – wir kennen das nun schon. Ladevorgang beginnt – und endet, wie der vorherige auch. Dritter Adapter ausprobiert – gleiches Ergebnis! Ich bin in Gleisdorf gestrandet!!!
Nach einigen weiteren ergebnislosen Versuchen und guten Ratschlägen der umstehenden Mitarbeiter der Feistritzwerke kommt die zündende Idee: Aufladen bei einer der vielen internen, für Dienstfahrzeuge reservierten, Ladestellen. Mir wird ein Platz in einem, komplett mit Solarpanelen beplankten Carport zugewiesen. Und diesmal funktioniert es! Keine spezielle Ladesäule, keine CipKarte, einfach nur ein Kabel. Jetzt heißt es warten. Mindestens zwei Stunden sollte ich hier laden um mit Sicherheit wieder Wien zu erreichen.
Woran die vorherigen Ladeversuche gescheitert sind, können wir vor Ort nicht klären. Ein Techniker hat in der Zwischenzeit die Ladesäule geöffnet und ist eifrig mit einem Messgerät am werken. Vielleicht ist die Ladestation auch mehr für PR-Zwecke und weniger für die echte Nutzung durch Elektroautos aufgestellt worden. Dank der Kollegen der Feistritzwerke haben wir dann aber doch eine, zumindest für mich, zufriedenstellende Lösung gefunden – auch wenn der „Tanz“ gut eine Stunde in Anspruch genommen und meinen Zeitplan gehörig durcheinander gewürfelt hat.
Also die Gespräche mit den Leuten der Feistritzwerke heruntergespult, kurzer Rundgang durch die Solarstadt – dann ging es wieder auf die Autobahn und zurück nach Wien. Diesmal war ich im extremen Stromspar-Modus unterwegs – Tempomat auf 120km/h eingestellt, Klimaanlage auf notwendigem Minimum. Nach weiteren zwei Stunden haben wir unser Ziel erreicht und konnten den Wagen übergeben. Ein Bisschen Strom war noch im Tank, weit wären wir allerdings nicht mehr gekommen. Mein Magen entspannte sich …
Fazit
Was lernen wir durch diese Geschichte? Zuerst einmal, dass das Fahren mit einem rein elektrisch betriebenen Auto (vor allem in der Form eines Tesla Model S P85+) mindestens genauso viel Spaß machen kann, wie mit einem konventionellen Wagen. Weiters, dass die Elektromobilität eine realistische Fortbewegungsform in einer post-Benzin-Ära sein könnte und heute schon einwandfrei funktioniert.
Zuletzt lernen wir aber auch, dass wir an unserem Reise- und Tankverhalten die eine oder andere Adaption durchführen müssen. Tanken dauert Zeit und ist auch nicht an jeder Ecke möglich, eine entsprechende vorausschauende Planung ist absolut notwendig. Die notwendige Ladeinfrastruktur ist meist nur regional verfügbar, an Autobahnen herrscht Ebbe. Außerdem sollte man sich in endlicher Zeit auf einen einheitlichen Standard bei den Steckern einigen – das permanente Hantieren mit verschiedensten Adaptern macht nur endlichen Spaß.
Ganz zuletzt sei noch angemerkt, dass man nicht nur auf staunende Blicke, sondern auch auf direkte Kommunikation mit den anderen Verkehrsteilnehmern vorbereitet sein sollte, wenn man sich mit einem Tesla auf eine Reise begibt. Das an Jaguar oder Aston-Martin erinnernde Design des Wagens fällt auf, der Name ist auch schon recht bekannt. Sowohl im Stadtgebiet (freundliche Wortwechsel zwischen an Ampeln wartenden Leidensgenossen) als auch auf der Autobahn (minutenlange Überholmanöver um den Wagen genauer unter die Lupe zu nehmen) war dem Tesla die Aufmerksamkeit sicher.