Das Rezept ist bewährt und klingt denkbar einfach. Man nehme den Rückrat-Rahmen aus Stahlblechen der 600erter, versehe ihn mit mehr Wandstärke und schraube eine Gabel mit 43 mm Standrohrdurchmesser in die Brücken. In diesen Rahmen hänge man den Motor aus der 98 Fireblade, der wohl kräftig genug sein sollte. So kräftig, daß er mittels brandneuer Einspritzung auf nunmehr 109 Pferde gedrosselt werden muß. Auch in Sachen Optik lasse man sich auf keine Experimente ein, die Verkaufszahlen der 600erter sprechen Bände darüber, daß der Geschmack der europäischen Kundschaft haargenau getroffen wurde. Zuletzt mache man sich noch Gedanken über einen moderaten Einstandspreis, auch ein wichtiger Punkt in Zeiten des beinharten Yens und einer nicht gerade rosigen Wirtschaftslage. Das Ergebnis ist genau so wie erwartet, nicht mehr und nicht weniger.
Der erste Eindruck ist bestimmt von de Zierlichkeit dieses Motorrades, wohl kaum eine 1000er (ausgenommen vielleicht die Raptor von Cagiva ist derartig klein. Kein Wunder, wenn man nach dem Druck aufs Knöpfchen fast überrascht wird vom kräftigen Baß des Vierzylinders. Wie schon von der guten alten Fireblade gewohnt zieht der Motor bereits aus dem Standgas kräftig und bestimmt, um über das ganze Drehzahlband zwar nicht mit heftigem Biß, aber mit einem enormen Durchzug zu glänzen. Die schon oben erwähnte Drosselung hat diesem Triebwerk nichts genommen, im Gegenteil, kaum ein anderer Motor glänzt mit einer derartigen Laufruhe und transportiert seine Leistung so entspannt in Richtung Hinterrad. Genau richtig für den täglichen Weg zur Arbeit, der großen Tour oder der Ausfahrt mit Freunden. Honda-typisch ist alles was man anfaßt schaltet, kuppelt und sonstwie betätigt leicht und am richtigen Fleck. Hornet fahren ist auch mit der Großen ein einfaches Spiel geblieben, es gibt keine Überraschungen. Höchstens, daß die größere Ruhe in langgezogenen Kurven positiv auffällt, wohl auch ein Verdienst des um 40 mm gewachsenen Radstandes. Auch die Gewichtsverteilung dürfte noch besser gelungen sein. Obwohl das Fahrwerk mit einer nicht verstellbaren Gabel und der recht weichen Grundabstimmung eher einfach gestrickt ist, gibt es sich lammfromm und wird mit der gebotenen Leistung in jeder Situation fertig. Einziges Zugeständnis an die gehobenen Klasse ist die Schwinge, die hier aus Leichtmetall gefertigt ist. Problemlos gibt sich auch die Bremsanlage und die Bereifung, obwohl die Hornet dazu neigt, sich beim Hineinbremsen in Kurven etwas aufzustellen.
Optisch wird das naked Bike vom Motor beherrscht, der sich hier wesentlich besser ins Gesamtbild einfügt wie das 600ewrter Triebwerk der kleinen Schwester. Auch die symmetrische Anordnung der Auspuffanlage ist sehr gelungen, wir hoffen daß die Schenkel der Sozias von diversen Brandblasen verschont bleiben. Nur wer genauer hinsieht, der entdeckt jene Stellen, wo der Rotstift des Controllings gnadenlos zugeschlagen hat. Bei einem Schalthebel zum Beispiel, der aus schnödem Blech herausgestanzt wurde oder einem Kettenspanner, der vermutlich auf der Blechpresse nebenan gebogen wurde. Doch hier liegt ein breites Betätigungsfeld der diversen Tuning-Firmen und Zubehörhersteller. Die Hornet 900 wurde geschaffen, um in der großen Klasse die Rolle des Underdog zu spielen, nicht so aristokratisch wie ein Monster, nicht so kräftig wie die große Fazer und nicht so drehmomentstark wie die Kawasaki ZRX. Sie kann von allem etwas, gibt sich locker wie ein Turnschuh und wartet darauf, mittels etwas Phantasie personalisiert zu werden.
Motor: 4-Zylinder in Reihe flüssigkeitsgekühlt, zwei obenliegende Nockenwellen, 4 Ventile/Zylinder, elektronische Saugrohreinspritzung.
BohrungxHub: 71 x 58 mm
Hubraum: 919 ccm
Leistung: 109 PS (80kW) bei 9000 U/min
max. Drehmoment: 91 Nm bei 6500 U/min
Getriebe: 6-Gang
Endantrieb: Kette
Starter: elektrisch
Rahmen: Zentralrohrrahmen aus Stahlprofilen,
Federung v/h: Telegabel 43 mm /Zweiarmschwinge aus Aluguß, direkt angelenktes Zentralfederbein
Federweg v/h: 120/128 mm
Bremsen v/h: je Doppelscheibe mit Vierkolbensattel 296 mm/Einzelscheibe mit Einkolbensattel 240 mm
Bereifung v/h: 120/70- ZR17 / 180/55 ZR 17
V-max: k.A
Gewicht: 194 kg trocken
Sitzhöhe: 795 mm
Tankinhalt: 19 Liter
Preis: 10.750 Euro