Ich wage mal zu behaupten, daß zumindest in unseren Breiten, die wenigsten Fahrer einer Groß-„Enduro“ derartige Ambitionen an den Tag legen. Die meisten, die sich ein Motorrad dieser Kategorie anschaffen, erwarten tadellosen Komfort für lange Strecken, ein unkompliziertes Fahrverhalten und einen Motor, der über das gesamte Drehzahlband ordentlichen Vortrieb gewährleistet. Was sich schon beim letzten Facelift mit gekürzten Federwegen ankündigte, wurde bei der neuen Raubkatze konsequent weitergeführt, mehr Straßen-Performance war das klare Ziel der Entwickler. Und die darf auch optische gerne zur Schau gestellt werden. Die Neue steht nicht mehr auf Speichenrädern, sondern auf Gußfelgen in 17 Zoll. Daraus resultiert nicht nur ein verbessertes Handling, viel wichtiger ist, daß man nun die volle Auswahl an Straßenreifen hat, vom langlebigen Touring- Gummi bis zum Super-Kleber für die Rennstrecke. Die zweite Überraschung erlebt man beim Blick auf die Bremsen. Vorne ist eine Doppelscheibe sowie radial verschraubte Vierkolbenbremssättel der japanischen Firma Nissin verbaut, äußerst belastbares Material wie man es sonst eher an Supersport Bikes findet. Dementsprechend tadellos verzögert die trocken knapp 200 Kilo schwere Fuhre. Auch das Fahrwerk wirkt etwas überqualifiziert, Up-Side-Down- Gabel und Federbein sind hochwertig und voll einstellbar. Bis auf die wirklich sehr bequeme Sitzposition und dem hohen Lenker aus schnödem Stahlrohr erinnert eigentlich nicht mehr viel an eine klassische Reise- Enduro. Der Motor ist uns schon aus der Sprint ST und der Speed Triple bekannt. Er ist mit ein Grund warum die Tiger sofort heiß begehrt war in der Redaktion, der Dreier ist der Wahnsinn mit Kolben. Er nimmt sauber Gas an, setzt jede noch so kleine Bewegung des rechten Handgelenks direkt in Vortrieb um und begeistert mit einem extrem weiten nutzbaren Drehzahlband. Je nach Bedarf ist von gedankenverlorenem Dahin-Cruisen bis zum grimmigen Heizen alles möglich. Das serienmäßige Set Up des Fahrwerks ist aber eher auf der gesundheitsorientierten, soll heißen komfortablen Seite angesiedelt. Ernsthaftes Umlegen, vor allem auf welligem Untergrund, wird mit beunruhigendem Schaukeln quittiert, aber das läßt sich schnell mit ein paar gekonnten Handgriffen an den Einstellschrauben in den Griff bekommen. Auch am Kurveneingang verhält sich die Tiger mit dem gestrafftem Fahrwerk um einiges berechenbarer, mit dem grenzenlosen Komfort ist es dann allerdings vorbei. Wer etwas von der Beschaffenheit der Straße mitbekommen will, der muß sie auch spüren. Unser Vorschlag, ein gutes Sport-Set-Up finden, sich die Einstellungen merken bzw. aufschreiben und bei Bedarf kurz anhalten, umstellen und dann gnadenlos alles herbrennen was über den Weg fährt. Klingt nicht nur in unseren Ohren nach einer Freundschaft fürs Leben. Es gibt auch wirklich nicht viele Situationen eines Motorradlebens, die man mit der Tiger nicht problemlos meistern wird. OK, hartes Off-Road Terrain vielleicht, aber das Thema hatten wir schon Eingangs. Als Alltagsbike macht die Triumph schon aufgrund des tollen Antriebs und der bequemen Sitzposition Sinn, aber auch lange Strecken gehen so extrem ermüdungsfrei über die Bühne. Bei Bedarf halten die Engländer auch noch jede Menge Zubehör fürs zahlungskräftige Volk bereit. Tankrucksack, Koffersystem, Griffheizung und natürlich ABS, fast alles was das Tourer-Herz begehrt wird vom Werk angeboten.

Nicht ab Werk gibt es die Lachgas-Einspritzung die Ossi, seines Zeichens Triumph Händler aus Wien, an seiner Tiger verbaut hat. Bei Interesse hilft er aber sicher gerne weiter.

FahrzeugeMotorradTriumphTEST: TRIUMPH TIGER 1050