Unser Testkandidat ist die nun erhältliche 70 km/h Version der Elettrica, die quasi einer 125er entspricht und mit dem berühmten B 111 Führerschein (also B- Schein mit Zusatzprüfung) zu bewegen ist. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die fast immer einen eigenen Roller rund um die Elektro-Technik baut, ist man beim Mutterkonzern Piaggio einen eigenen Weg gegangen. Der Motor samt Akku steckt in dem originalen Primavera Chassis, das sich nur durch drei Schlitze in der Frontschürze, farbigen Applikationen am Kantenschutz der Schürze und dem Keder der Sitzbank von der Verbrenner-Version unterscheidet. Unter dem (immer noch zu kleinen) Helmfach sitzt der Akku und die Triebsatzschwinge ist natürlich anders gestaltet. Dort, wo normalerweise der Tankstutzen sitzt, ist nun das fest montierte Spiralkabel samt Stecker untergebracht.
Interessant ist die Tatsache, dass der Motor samt dem Rest der Technik von Piaggio direkt stammt und kein Zulieferteil etwa aus China ist. Sogar die Batterie ist Eigenbau, die Zellen werden von LG zugeliefert. Dies alles musste wohl so sein, denn sonst wäre es kaum möglich gewesen, das schmucke Äußere beizubehalten. Vor dem ersten Start ein Blick auf das Finish, das durchaus gefallen kann. Bei der ersten Kontaktaufnahme fällt das Gewicht auf, die kleine Vespe erfordert beim Rangieren mehr Kraftaufwand als die motorisierte Schwester, obwohl sie nur vier Kilogramm schwerer ist. Bei der ersten Sitzprobe setzt sich dieser Eindruck fort. Bequem, ergonomisch richtig thront der Fahrer auf einer straffen Sitzbank, die Sitzhöhe ist allerdings nicht für sehr kleine Zeitgenossen geschaffen, über 1,70 Meter sollte es schon sein, es sei denn, man verfügt über Erfahrung. Zündung ein, der Bildschirm an gewohnter Stelle führt sein blinkendes Startprozedere auf. Vor dem Losfahren heißt es, den „Startknopf“ zwei Sekunden gedrückt zu halten, bis einer der drei Modi „ECO“, „POWER“, oder „REVERSE“ vom Blinken zum Dauerleuchten übergeht. Richtig gelesen, die E-Vespa verfügt über einen Rückwärtsgang, der vor allem kleineren Zeitgenoss(inn)en beim Rangieren helfen soll. Lästig, das LKW Piepsen im Rückwärtsbetrieb, das müsste nicht sein. Meist wird bei der 70 km/h Version wohl der Power- Mode zum Einsatz kommen, sonst könnte man sich gleich mit der „Kleinen“ begnügen, die allerdings nur mit 300 Euro weniger zu Buche schlägt.

Das Fahren ist sehr angenehm, leise surrend bewegt man sich durch den Großstadt-Dschungel, durch den ohnehin meist höheren Lärmpegel der Umgebung fällt gar nicht auf, dass man elektrisch unterwegs ist. Die Elettrica liegt satt auf der Straße und erfreut durch überzeugenden Federungskomfort, Vespa eben. Die bremsen mit dem CBS Verbundsystem sind durchaus ausreichend, die Beschleunigung für ein E-Fahrzeug eher etwas enttäuschend, doch für flotte Bewegung im urbanen Bereich genug. Die angegebene Reichweite im Power Modus von 70 Kilometern ist durchaus realistisch, wir werden das im Zuge des Tests noch näher erforschen. Auch die Ladezeit an einer Haushaltssteckdose von vier Stunden erscheint nicht untertrieben, auch das wird sich noch herausstellen. Eines ist schon jetzt sicher: wer ein nachhaltiges Lifestyle Produkt etwa für die Vorstadt sucht und den doch nicht unbedingt günstigen Preis von immerhin fast 8.000 Euro (abzüglich Förderung) nicht scheut, der ist hier genau richtig….

TECHNISCHE DATEN:

VESPA ELETTRICA 70 km/h E 5
Motor: elektrisch
Drehmoment: 200 Nm
Batterie: Lithiumbatterie 4200 Wh, 48 V
Dauerleistung: 3,6 kW (4,9 PS)
Spitzenleistung: 4 kW (5,4 PS)
Normreichweite: 70 bis 100 km
Ladezeit: ca. 4 Stunden
Höchstgeschwindigkeit 45 km/h (70 km/h)
Sitzhöhe: 790 mm
Gewicht: 130 kg
Bereifung: 110/70-12 (vorne), 120/70-11 (hinten)
Preis: 7.890 Euro (exklusive Förderung)

 

FahrzeugeMotorradVespaVespa Elettrica – Die Vespe summt nun endlich