Journalisten sind in der Regel ein Übel, welches in der Industrie zur Kenntnis genommen wird. Mit zunehmenden Preis eines Wagens sinkt die Chance ein Fahrzeug testen zu können. Umso mehr freut es mich, dass mein Onkel sich vor einem halben Jahr einen S550 4Matic in den USA bestellt und das Fahrzeug in Stuttgart im Mercedes Werk persönlich abgeholt hat. Der Mercedes S550 ist die US Bezeichnung für die Langversion des europäischen S500. Eine seltene Möglichkeit den Kaufprozess und die Übergabe einer Luxuslimousine hautnah zu beobachten.
Wer in Stuttgart einen Mercedes S550 bzw. S500 Langversion direkt ab Werk abholt wird von einem überdimensionalen Mercedes Stern begrüßt, der vor einem Wasservorhang steht. Am großzügigen Empfang wird dem Besucher sofort das Gepäck abgenommen. Danach kümmert sich ein Kundenbetreuer um den reibungsfreie Übergabe des Wagens. Das Gebäude wirkt wie eine Mischung aus Flughafen, Büro und Einkaufscenter. Auf der linken Seite des Eingangs befinden sich einige historische Wagen in einem großen Raum, die man während der Wartezeit bewundern kann. Dahinter befindet sich ein kleines Cafe, wo normalsterbliche Kunden auf ihren Mercedes warten. Die Stiege rechts vom Eingang führt den Besucher in den ersten Stock. Auch hier gibt es wieder ein kleines Cafe. Von einem Fenster kann man in eine große Halle blicken wo alle Wagen – außer natürlich die S-Klasse – übergeben werden. In der Halle stehen 20-30 Neuwagen.
Mercedes hat offenbar die Zweiklassengesellschaft eingeführt die sich in S-Klasse und nicht S-Klasse Kunden unterteilt. Während man sich die Zeit vertreibt und dem regen Treiben in der Halle zusieht wird man per Lautsprecher aufgerufen. Ein freundlicher Mitarbeiter führt den Kunden weit weg von den profanen nicht S-Klasse Wagen in einen anderen Bereich des Gebäudes.
Das Ziel ist ein großer Raum in dem ein Wagen unter einem weißen Tuch darauf wartet seinen Besitzer möglichst luxuriös an den Ort seiner Wahl zu bringen. Bevor man das Objekt seiner Begierde in Augenschein nehmen darf wird man zum Essen gebeten. An der Tafel, an der bequem 10 -15 Personen Platz haben, wird ein Essen auf Hauben Niveau kredenzt. Anschließend geht es zur Enthüllung des Wagens, der sich perfekt poliert und makelfrei präsentiert. Leider ist dies nicht bei allen Premiumherstellern eine Selbstverständlichkeit, wie mir neulich ein enttäuschter Porsche Käufer berichtete.
Nach den ersten Umrundungen und Probesitzen geht es zur Einschulung, die immerhin fast zwei Stunden dauerte. Es ist fast unmöglich sich die Anzahl der Features zu merken. Ein Video mit einer Einschulung würde da sicher helfen. Das gut geschulte Personal bietet anschließend an den Wagen aus der Halle zu fahren. Mein Onkel, der in den USA den Fahrstil eines Wiener Taxifahrers pflegt, lehnte das großzügige Angebot dankend ab. Allerdings war die Ausfahrt derart eng, dass weniger versierte Fahrer das Angebot des Mercedes Personal lieber annehmen sollten.
Das Auto
Beim Mercedes S550 4Matic fällt die Liebe zum Detail auf. Kleine blaue LEDs leuchten dezent auf dem Gaspedal – überhaupt gibt es keine wichtige Stelle im S550, die nicht beleuchtet ist. Die Stimme des Navigationsgeräts ist unglaublich perfekt. Wer in einem vollausgestatteten Tesla Model S P85+ fährt merkt sofort den Unterschied. Tesla setzt beispielsweise auf die Standardstimme von Google Maps, die auch jedes Handy verwendet und die Wegbeschreibung manchmal etwas holprig von sich gibt. Beim Mercedes S550 bemerkt man, dass man sich mit einer guten Leistung nicht zufrieden gibt – sie muss perfekt sein. Wenn man die Türe zufallen lässt, dann schließt sich diese automatisch, ähnlich wie bei den Schubladen der Küchen in der gehobenen Preiskategorie die sich selber sanft einziehen. Das gut 30 cm große Display ähnelt fast dem des Tesla. Der Unterschied liegt darin, dass es schmaler ist und längseingebaut ist. Die graphische Gestaltung der Inhalte liegt auf dem Niveau des Model S von Tesla und ist erstklassig. Die Anzahl der Sicherheitsfeatures ist beeindruckend. Von einem Notbremssystem bis zu den üblichen Spurhelfer und Abstandstempomat mit teilautonomer Staufunktion ist alles dabei. Hier lenkt, bremst und beschleunigt der Mercedes S 550 allein durch den Stau. Man bedauert fast, dass man ab Tempo 40 wieder aufgefordert wird selbst zu fahren, während man sich in seine Zeitung vertieft hat. Ein Anblick, der manch anderen Autofahrer nervös macht.
Das Fahrerlebnis ist einzigartig. Man gleitet lautlos über die Straßen. Beim Starten ist man sich nicht sicher ob der Motor läuft oder nicht. Fast könnte man glauben, dass man in einem Elektroauto fährt. Kaum vorstellbar, dass der LS 600h von Lexus noch leiser sein soll. Der 8 Zylinder Benziner entfaltet seine Stärke ohne großes Aufsehen im Hintergrund. Man verliert das Gefühl für die Geschwindigkeit, während man über die Straßen gleitet. Ob man 50 oder 90 fährt ist kaum unterscheidbar.
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In der Kurve spürt man, dass die Sitze sich automatisch anpassen und den Körper stützen, um in den Kurven ein angenehmeres Fahren zu ermöglichen. Das Panoramadach für die vorderen Sitze und ein getrenntes Panoramadach für die Rücksitze erlauben den ungetrübten Blick in den Himmel.
Der V8 Motor mit einem Hubraum von 4.663 cm3 beschleunigt den über 2 Tonnen schweren Wagen in 4.8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. 700 Nm und 335 kW sorgen in jeder Situation für ausreichend Reserven. Bei 250 km/h wird der Wagen – wie üblich – elektronisch abgeregelt. Der Kraftstoffbrauch lag bei rund 12 Litern Super pro 100 km. Offiziell wird der Verbrauch mit 9.1 – 9.6 Liter pro 100 km angegeben. Interessant ist auch der Vergleich mit dem wesentlich teureren S600 in der Langversion. Der S600 besitzt einen V12 Motor mit 5.980 cm3 Hubraum. Die Beschleunigungswerte sind mit 4.6 Sekunden von 0 auf 100 km/h nur marginal besser – der kombinierte Kraftstoffverbrauch ist mit 11.3 Litern um 2 Litern signifikant höher als beim S550 4Matic. Der V12 des S600 leistet 390kW (530 PS) mit einem maximalen Drehmoment von 830 Nm. Ein Preis nennt Mercedes nicht – zumindest nicht in Europa. In den USA wird der S600 zum Einstiegspreis von 166.900 Dollar angeboten. Dafür gibt es auch ein paar kleine Extras wie ein zusätzliches Display in der Windschutzscheibe. Auf Basis des US Preises muss man in Österreich wahrscheinlich mit mindestens knapp 250.000 Euro und in Deutschland mit ca. 200.000 rechnen, wenn man einen S600 sein Eigen nennen will.
Bemerkenswert ist, dass S600 Langversion mit 500 Litern Kofferraumvolumen einen um 30 Liter kleineren Kofferraum als der S550 bzw. S500 Langversion hat. Auch das zulässige Gesamtgewicht fällt mit 2.740kg um 10kg geringer aus als beim S550. Der S550 ist mit 5.246 mm um 130 mm länger als sein kleiner Bruder der S500.
Schallpegel im Innenraum
Eine Schallpegelmessung hat ergeben, dass der S550 bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h zwischen 62,10 dB(A) und 65 dB(A) schwankt. Im Durchschnitt wurden 64,2 dB(A) gemessen. Ein absoluter Spitzenwert. Bei 80 km/h sinkt der Wert auf 54 dB(A). Wie gut diese Werte sind zeigt wieder der Vergleich mit dem Tesla Model S P85+. Beim Tesla Model S P85+ haben wir bereits bei 80 km/h einen Wert von 63-64 dB(A) gemessen.
Wie groß der Wagen ist merkt man erst dann, wenn man in eine Tiefgarage fährt. Wenn man schon in einem normalen Wagen den Eindruck hat, dass man die Wände streift, dann erfordert der S550 echtes fahrerisches Können. In den meisten Fällen kommt man beim S550 nicht darum herum zwei Parkplätze zu mieten.
Die Preisgestaltung:
Vor allem in Österreich, aber auch in Deutschland vertreten die sozialdemokratischen Parteien immer wieder die Forderung, dass Besserverdienende stärker belastet werden sollten. Die österreichische SPÖ zieht derzeit mit der Forderung nach einer Millionärssteuer durch das Land. Grund genug um sich die steuerlichen Belastungen einer Luxuslimousine wie den S550 genauer anzusehen. Der Ländervergleich zwischen Deutschland, Österreich und den USA zeigt folgendes:
Wer nun glaubt, dass der Normalbürger bei einem Mittelklassewagen verschont wird, der irrt. Der Ländervergleich er zwischen Deutschland, Österreich und den USA anhand des VW Passat 2.0 TDI zeigt die Unterschiede auf:
Die KFZ Steuer zeigt ebenfalls signifikante Unterschiede. Während man im Extremsteuerland Österreich zwischen 2.600 und 2.900 KFZ Steuer entrichten muss, sind es in Deutschland nur 353 Euro. In den USA ist dieser Posten vernachlässigbar.
Fazit:
Am 12.12.1962 berichtete der Spiegel, dass das lauteste Geräusch in einem Rolls Royce bei 100 km/h die elekrtische Uhr ist. Tatsächlich würde das Ticken einer Uhr die Ruhe in einem S500 / S550 empfindlich stören. Der Wagen liegt im absoluten Spitzenfeld. Das Preis/Leistungsverhältnis ist im Vergleich zu anderen Herstellern sehr gut, wenn auch auf hohem Niveau. Die Liebe zum Detail, mit der der Wagen gebaut wurde, beeindruckt. Dies gilt auch für die Fahrleistungen.
Der Wagen befindet sich in der Energieeffizienzklasse E. Das bedeutet, dass das Auto durchschnittlich zwischen 0,99% weniger und 8% mehr CO2 ausstößt als ein vergleichbarer Wagen mit 2050kg . Für die Berchnung ist nur das Gewicht des Wagens, nicht aber die Leistung (kW/PS) relevant. Dieser Wert sagt nichts über den Verbrauch (Liter/100km oder kwh/100km) des Wagens aus. Der Wert zeigt nur, dass der Wagen im Vergleich zu einem Wagen mit identischen Gewicht mehr oder weniger Treibstoff benötigt.Preis Deutschland 11.275,00 Euro Preis Österreich 136.970,00 Euro
Die Steuern werden für ein Fahrzeug mit einem Super Motor, einem CO2 Ausstoß von 225g/km und einer Leistung von 335kW berechnet.
Pkw mit Erstzulassungsdatum vor 1.1.2021
Für diese Fahrzeuge richtet sich die Höhe der motorbezogenen Versicherungssteuer nach dem CO2 Ausstoß und der Leistung (kw) des Verbrennungsmotors.KFZ Steuer im Jahr 2024: 4.475,52 Euro Steuerbelastung (bei Kauf im Jahr 2020): 4.406,40 Euro Jährliche Mehrkosten im Vergleich zu 2024: 69,12 Euro Motorbezogene Steuer (Super) 94,00 € CO2 Steueranteil (Super) 900,00 € KFZ Steuer 994,00 € Motor V8 Höchstgeschwindigkeit 250 km/h Hubraum 4.663 cm3 Beschleunigung 0-100km/h 4.8 Sekunden Leistung Verbrennungsmotor 335 kW Drehmoment 700 Nm CO2 225 g/km Gewicht 2.050 kg Länge 5.246 mm Breite 1.899 mm Verbrauch 9.6 Liter/100km Tankinhalt 80 Liter Reichweite ohne Rekuperation 833 km Treibstoff Super Euronorm 6 Kommentar Basispreis ohne Extras
Effizienzklasse: E